Rechtspopulistische FPÖ gewinnt Parlaments­wahl in Österreich – Parteichef Kickl jubelt
«Wähler haben ein Machtwort gesprochen»

In Österreich finden am Sonntag Parlamentswahlen statt. Knapp 6,4 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die rechte FPÖ erreicht gemäss einer ersten Hochrechnung fast 30 Prozent, aber ob Herbert Kickl Kanzler wird, bleibt fraglich.
Publiziert: 29.09.2024 um 08:36 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2024 um 20:45 Uhr
ARCHIV - FPÖ-Parteichef Herbert Kickl hält eine Rede beim Wahlkampfauftakt in Graz. Laut Umfragen ist die rechte FPÖ Favorit auf den Sieg. Foto: Erwin Scheriau/APA/dpa
Foto: ERWIN SCHERIAU
30.09.2024, 01:51 Uhr

Vorläufiges Endergebnis: FPÖ gewinnt Wahl mit 29,2 Prozent

Die rechte FPÖ hat die österreichische Parlamentswahl mit 29,2 Prozent der Stimmen gewonnen. Das teilt das Innenministerium im vorläufigen Endergebnis mit. Die bisherige Kanzlerpartei ÖVP wurde demnach mit 26,5 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz verdrängt. Die konservative ÖVP büsste 11 Prozentpunkte im Vergleich zur vorigen Wahl im Jahr 2019 ein, während sich die FPÖ um 13 Punkte steigerte.

Drittstärkste Kraft im Nationalrat, der grossen Parlamentskammer, ist künftig die sozialdemokratische SPÖ mit 21,1 Prozent (-0,1). Die Liberalen Neos bekamen 9 Prozent der Stimmen (+0,9). Die Grünen, die bislang mit den Konservativen regierten, kamen diesmal nur auf 8 Prozent (-5,9). Kleinparteien wie die Bierpartei oder die kommunistische KPÖ blieben deutlich unter der Hürde von 4 Prozent, die für den Einzug ins Parlament nötig wären. 

Das vorläufige Endergebnis beinhaltet den Grossteil der Briefwahlstimmen. Die restlichen Wahlkarten werden voraussichtlich bis Donnerstag ausgezählt. Die Hochrechnung des Instituts Foresight geht davon aus, dass die Werte der rechten und konservativen Parteien letztlich minimal geringer ausfallen werden, während das linke und liberale Spektrum auf ein paar zusätzliche Zehntel-Prozentpunkte hoffen kann.

29.09.2024, 21:20 Uhr

Bundespräsident will selbst Bündnisse ausloten

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen pocht nach dem Wahlsieg der FPÖ auf die Wahrung der liberalen Demokratie im Land. Bei der Regierungsbildung werde er darauf achten, dass «die Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie respektiert werden», sagte der ehemalige Grünen-Chef. Dazu gehörten Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft, betonte Van der Bellen. «Das sind Fundamente, auf denen wir unseren Wohlstand und unsere Sicherheit aufgebaut haben.»

Da keine Partei allein mehr als 50 Prozent der Stimmen erreicht hat, müssen sie Koalitionsgespräche aufnehmen. Die Parteien müssen nun andere überzeugen, wie Van der Bellen betonte: «Andere überzeugen, potenzielle andere Regierungspartner und -partnerinnen, genauso wie den Bundespräsidenten.»

Bundespräsident van der Bellen hielt nach dem Wahlsieg der FPÖ eine kurze Ansprache.
Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur
29.09.2024, 20:43 Uhr

Hochrechnung: FPÖ stärkste Partei mit 28,9 Prozent

Knapp 83 Prozent der Stimmen sind mittlerweile ausgezählt. Der Vorsprung der wählerstärksten Partei FPÖ ist dabei im Vergleich zur ersten Hochrechnung minimal geschrumpft. Aktuell kommen die Rechtspopulisten auf 28,9 Prozent der Stimmen. die ÖVP von Kanzler Neuhammer auf 26,3 und die SPÖ auf 21 Prozent. 

29.09.2024, 19:00 Uhr

Wahlforscher: FPÖ profitiert von Unzufriedenheit im Land

Das Wahlergebnis ist für Österreich gleich in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Noch nie waren die machtverwöhnte ÖVP und die SPÖ zeitgleich so schwach. Die Sozialdemokraten erreichten erstmals nur Platz drei, die ÖVP mit Kanzler Karl Nehammer an der Spitze verbuchte eines ihrer schlechtesten Wahlresultate. 

Nach Erkenntnissen der Wahlforscher profitierte die FPÖ enorm von der grossen Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Österreich steckt tief in einer Wirtschaftsflaute, die Arbeitslosigkeit wächst. Zudem gehörte die Alpenrepublik in den vergangenen Jahren zu den Ländern in der EU mit besonders hoher Inflation. Ausserdem gilt der strikte Anti-Migrationskurs der FPÖ als populär.

Sechs von zehn Befragten sind überzeugt, dass sich das Land negativ entwickelt – fast doppelt so viele wie bei der Nationalratswahl 2019, wie aus Daten des Foresight Institus im Auftrag des Senders ORF hervorgeht. Die Person Herbert Kickl sei bei den Wählern nicht entscheidend gewesen, so die Wahlforscher.

29.09.2024, 18:31 Uhr

Kickl: «Wähler hat Machtwort gesprochen»

In einer ersten Stellungnahme sagt FPÖ-Chef Kickl, dass der «Wähler ein Machtwort gesprochen» habe. Das Wahlergebnis sein ein klares Bekenntnis, dass es so nicht weitergehen könne im Land. Die FPÖ sei angetreten, um diese gewünschte Veränderung voranzutreiben. Die anderen Parteien sowie der Bundespräsident müssten nun umdenken.

Derzeit will keine andere Partei mit der FPÖ unter Kickl eine Regierung bilden. «Unsere Hand ist ausgestreckt in alle Richtungen», sagte Kickl. Man müsse nun die anderen Parteien fragen «wie sie es mit der Demokratie halten».

Foto: Getty Images
29.09.2024, 18:27 Uhr

Kickl ist Erfolgsgarant und Problemfall zugleich

Herbert Kickl (55) hat die FPÖ nach der Ibiza-Affäre wieder auf Erfolgskurs gebracht. Mit seinen radikalen Ansichten sorgt er für Kritik. Die Konservativen bezeichnen ihn als «Sicherheitsrisiko». So tickt der Chef der rechtspopulistischen Partei in Österreich

29.09.2024, 17:50 Uhr

ÖVP will nicht mit FPÖ unter Kickl koalieren

Die bisherige österreichische Kanzlerpartei ÖVP will nach ihrer Wahlschlappe nicht mit dem voraussichtlichen Wahlsieger Herbert Kickl von der rechten FPÖ in einer Regierung zusammenarbeiten. «Das war gestern so und das ist heute so und morgen wird es noch immer so sein», sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer ersten Reaktion.

Mit Top-Kandidat Herbert Kickl will die ÖVP nicht koalieren.
Foto: Heinz-Peter Bader/AP/dpa
29.09.2024, 17:29 Uhr

Hohe Hürden vor Kanzlerschaft von Kickl

Trotz des Siegs dürfte es für Kickl sehr schwer werden, nächster Kanzler zu werden. Alle Parteien lehnen bisher eine Zusammenarbeit mit dem 55-Jährigen ab, unter dessen Ägide die FPÖ zum Beispiel ihre einstige Distanz zu den als rechtsextrem eingestuften Identitären aufgegeben hat. Bundespräsident Alexander Van der Bellen muss den Auftrag zur Regierungsbildung nicht zwingend der stimmenstärksten Partei übertragen. Der ehemalige Grünen-Chef hat immer wieder seine Kritik an politischen Positionen der FPÖ in Sachen EU und Migration deutlich gemacht.

So gilt es als wahrscheinlich, dass Kanzler Nehammer den Auftrag bekommt, eine Regierungskoalition zu schmieden. Als Koalitionspartner bietet sich aus Sicht der ÖVP inhaltlich zwar die FPÖ an, aber der Regierungschef hat mehrfach und nachdrücklich klargemacht, dass er eine Zusammenarbeit mit Kickl ausschliesst. «Kickl ist nicht in der Lage, Regierungsverantwortung zu tragen.» Nehammer hatte auch angekündigt, keine Koalitionsverhandlungen mit dem FPÖ-Chef zu führen.

Die Alternative zur FPÖ ist die SPÖ. Allerdings gilt ein Bündnis als schwierig, weil SPÖ-Chef Andreas Babler die Sozialdemokraten mit Forderungen wie der nach einer 32-Stunden-Woche weit nach links gerückt hat. Ob sich Babler angesichts des Ergebnisses im Amt halten kann, ist eine der sich nun aufdrängenden Fragen.

29.09.2024, 17:19 Uhr

Erste Reaktionen von FPÖ und ÖVP

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz zeigte sich in einer ersten Stellungnahme überwältig vom Wahlerfolg. «Die Veränderung ist spürbar», sagte er vor den Medien. Die Österreicherinnen und Österreicher hätten heute Geschichte geschrieben. 

Nüchterner fällt die erste Reaktion bei der ÖVP aus. Deren Generalsekretär Christian Stocker sagt: «Für Platz eins hat es nicht gereicht, aber es ist uns eine Aufholjagd gelungen.» 

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
Foto: keystone-sda.ch
29.09.2024, 17:06 Uhr

Erste Hochrechnung: FPÖ wird stärkste Partei

Wahlbeben in Österreich: Eine erste Hochrechnung sieht die rechtspopulistische FPÖ mit Parteichef Herbert Kickl bei den Nationalratswahlen mit 29,1 Prozentpunkten klar vorn. Für die FPÖ bedeutet dies ein Plus von 13 Prozentpunkten gegenüber 2019. Die konservative ÖVP mit 26,2 Prozent von Bundeskanzler Karl Nehammer landet abgeschlagen auf dem zweiten Platz (minus 11,2 Prozentpunkte). Damit dürfte der Rechtsruck Tatsache und FPÖ erstmals stärkste Kraft in Österreich werden. 

Feierlaune bei der FPÖ nach der ersten Hochrechnung.
Foto: Getty Images

Laut Hochrechnung stimmten 20,4 Prozent der Wähler für die sozialdemokratische SPÖ. Damit liegt die SPÖ im Bereich ihres Rekordtiefs von 21,2 Prozent von 2019. Die Grünen können den Angaben zufolge mit 8,6 Prozent (minus 5,3 Prozentpunkte) rechnen, die liberalen Neos mit 8,8 Prozent - das wäre ein kleines Plus. Die Hochrechnung des Foresight Instituts wurde im Auftrag des Senders ORF erstellt.

Die Bierpartei und die kommunistische KPÖ scheitern voraussichtlich an der Vier-Prozent-Hürde. Insgesamt waren knapp 6,4 Millionen Bürger aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. 

ÖVP: 26,2 Prozent
SPÖ: 20,4 Prozent
FPÖ: 29,1 Prozent
Grüne: 8,6 Prozent
NEOS: 8,8 Prozent
BIER: 2,1 Prozent
KPÖ: 2,3 Prozent

In Österreich haben die Parlamentswahlen begonnen. Knapp 6,4 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die letzten Wahllokale schliessen um 17 Uhr. Kurz danach wird eine erste Hochrechnung erwartet.

Laut Umfragen ist die rechte FPÖ Favorit auf den Sieg. Die Demoskopen sehen die Rechtspopulisten bei etwa 27 Prozent. Die konservative ÖVP kann mit etwa 25 Prozent rechnen. Die sozialdemokratische SPÖ liegt Umfragen zufolge bei etwa 21 Prozent. Auch bei einem Sieg der FPÖ ist es fraglich, ob ihr Parteichef Herbert Kickl (55) Kanzler der Alpenrepublik wird. Bisher haben alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit ihm abgelehnt.

Zuletzt wurde Österreich von einer Koalition aus ÖVP und Grünen regiert. Die Allianz war noch vom damaligen ÖVP-Chef Sebastian Kurz geschmiedet worden.

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