Die Post war schlecht vorbereitet auf die Verschärfung der Coronakrise. Am Dienstag wollte der gelbe Riese die Schweiz noch von seiner Stärke überzeugen: Die Postagenturen in den Läden könnten zwar geschlossen sein. «Die Poststellen bleiben aber offen», verkündete das Staatsunternehmen gegen 17 Uhr.
Am frühen Mittwochmorgen, kurz nach 6 Uhr morgens, informierte die Post dann: Die Konzernleitung habe entschieden, alle Postfilialen, die über keine geschlossenen Schalter verfügen, so auszustatten, dass das «Social Distancing» praktiziert werden könne. Einzelne Filialen seien deshalb vorübergehend geschlossen.
Poststellenhalter in Aufruhr
Zwischen den beiden Mitteilungen ist viel passiert – aber aus Sicht der Pöstler in den Filialen noch immer viel zu wenig. Denn weiterhin sind verschiedene Poststellen ungenügend ausgestattet, um die Mitarbeiter vor einer Ansteckung zu schützen.
Das trifft vor allem auf modernisierte Poststellen zu, in denen keine Glasscheibe den Pöstler vom Kunden trennt. Einzelne Poststellenleiter hatten deshalb gedroht, ihre Postfilialen einfach nicht zu öffnen. Sie verlangten, dass Poststellen, bei denen die Angestellten wegen der fehlenden Glastrennwände ungeschützt sind, so lange geschlossen bleiben, bis Plexiglasscheiben installiert sind.
Notdürftig mit Plastikfolie «gesichert»
Das ist noch nicht überall der Fall: Bilder von mit Plastikfolie «gesicherten» Postschaltern machen die Runde. Vor den Schaltern stehen Kisten, die die Kunden auf Abstand halten sollen. Es sollen später am Boden Abstandslinien gezogen werden.
Auch an Desinfektionsmittel fehlt es. Ein Pöstler, mit dem BLICK Kontakt hatte, erklärte, seit drei Wochen verspreche man das Desinfektionsmittel für die Filialen. Mitarbeiter in den Poststellen hätten Angst davor, sich bei Kunden anzustecken. Aber auch davor, zu Ansteckungsherden zu werden. Auf Poststellen seien besonders viele ältere Kunden anzutreffen – Risikogruppen also.
In den modernisierten Poststellen verstehen viele Mitarbeiter nicht, weshalb diese nicht für ein paar Tage geschlossen werden können. In maximal zehn Tagen sollten die Plexiglasscheiben ja installiert sein. Dass aber ausgerechnet das Staatsunternehmen auf Teufel komm raus sämtliche Schalter offen lassen will und dadurch Kunden und Mitarbeiter gefährdet, macht sie wütend. Viele haben schlichtweg einfach auch Angst.
Post räumt Fehler ein
Konfrontiert mit den Vorwürfen, entgegnet die Post: «Wir spüren und verstehen die Ängste und Sorgen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.» Es sei verständlich, dass sie sich überlegten, wie sie sich schützen können oder dass sie nach Hause wollten. Laut Sprecher François Furer sei die Konzernleitung aber auch beeindruckt vom grossartigen Einsatz der Mitarbeitenden in diesen ausserordentlichen Zeiten. «Wir sind dankbar dafür.»
Und: Das Wohl der Mitarbeitenden habe «erste Priorität». Sie seien es letztlich, die den Grundversorgungsauftrag des gelben Riesen erfüllten. Die Post liefere seit Mittwoch Plexisglaswände in der ganzen Schweiz aus – angefangen im Tessin, das besonders stark von der Corona-Krise betroffen ist.
Inzwischen habe man auch grosse Mengen an Desinfektionsmitteln zur Hand, das an die Mitarbeitenden verteilt werde. «Wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen, wir arbeiten aber mit Hochdruck daran», so Furer. Die Post bittet jedoch um Verständnis. So seien diverse Lieferungen von Desinfektionsmitteln einfach annulliert worden. «Und ja, wir hätten Dinge besser machen können. Wir hatten zum Beispiel kein Lager an Desinfektionsmitteln.»
Nun sei Desinfektionsmittel vorhanden
Inzwischen haben die Post einige Tausend Flaschen mit Desinfektionsmitteln für rund 290 Standorte an die Mitarbeitenden an der Front verteilt. Für die nächsten Wochen stünden zusätzlich vier Tonnen Desinfektionsmittel zur Verfügung.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.