Die Tessiner Grünen fordern in einem Communiqué eine präventive Suspendierung, die Partei Movimento per il Socialismo (MPS) ruft in einer Mitteilung nach der parlamentarischen Oberaufsicht und dem Rücktritt des Gerichtspräsidenten.
Die SP Tessin schreibt, Mobbing und sexuelle Belästigung innerhalb des kantonalen Strafgerichts seien «inakzeptabel» und müssten so rasch wie möglich durch den Justizrat geklärt werden. Würden sich die Vorwürfe bestätigen, sei ein Rücktritt von Gerichtspräsident Mauro Ermani unumgänglich.
Mehrere Beobachter haben zudem die Frage aufgeworfen, ob der Gerichtspräsident noch in der Lage sei, Prozesse gegen Personen zu leiten, die wegen Sexualstrafdelikten angeklagt sind.
Am Montag befasste sich die kantonale Kommission für Justiz und Recht in einer ausserordentlichen Sitzung mit dem Fall. Im Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz RSI sprach deren Präsident Fiorenzo Dadò (Mitte-Partei) von einer «sehr ernsten Situation».
Konkret soll der Gerichtspräsident einer Mitarbeiterin, die mutmasslich auch gemobbt wurde, via Whatsapp ein schlüpfriges Bild geschickt haben.
Das Foto, das die Tessiner Tageszeitung «La Regione» publiziert hat, zeigt zwei riesige Plastikphalli und dazwischen eine Frau, die auf einer Bank sitzt. Über dem Bild heisst es: «Ufficio penale», was auf Deutsch so viel wie «Strafbehörde» heisst, jedoch in diesem Zusammenhang auch eine Anspielung auf das Wort «Penis» ist.
Vor einer Woche hatte die Tessiner Regierung die Öffentlichkeit über die Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts informiert. Dieser soll den Strafantrag zweier ordentlicher Richter des Kantonsstrafgerichts gegen die drei anderen ordentlichen Richter - darunter Ermani - untersuchen. Laut Medienberichten geht es im Strafantrag um Verleumdung und Diffamierung im Zusammenhang mit dem mutmasslichen Fall von Mobbing.
Untersuchung hat erste Resultate erbracht
Laut Informationen der Tessiner Staatsanwaltschaft kann einer der Richter vom Vorwurf der Pornografie entlastet werden.
Der ausserordentliche Staatsanwalt sei nach Prüfung der Akten zum Schluss gekommen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für den Straftatbestand der Pornografie nicht gegeben seien, heisst es im Communiqué der Staatsanwaltschaft. Deshalb sei hinsichtlich dieses Straftatbestandes die Untersuchung eingestellt worden.
In Bezug auf die anderen Tatbestände seien die Ermittlungen noch im Gange, hiess es im Schreiben weiter. Bei diesen handelt es sich um mutmassliche Ehrverletzung. Während sich der Vorwurf der Ehrverletzung auf alle drei beschuldigten Richter bezieht, war nur einem von ihnen zusätzlich der Tatbestand der Pornografie vorgeworfen worden.
Laut Tessiner Medienberichten handelt es sich beim betreffenden Richter um den Gerichtspräsidenten Mauro Ermani. Dieser soll eine Sekretärin sexuell belästigt haben. Konkret habe Ermani der Frau via Whatsapp ein schlüpfriges Bild geschickt, hiess es. Der Anwalt von Mauro Ermani wollte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen, bis die Untersuchung abgeschlossen sei.