AHV-Debatte
Nationalrat will Rentenalter 67

Ab heute geht es in der grossen Rentenreform um die Wurst! Wie soll die AHV in Zukunft finanziert werden? Wie lange müssen wir arbeiten? Der Nationalrat stellt heute erste Weichen. Wir berichten live von der Debatte aus Bern.
Publiziert: 28.09.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:24 Uhr
Text: Ruedi Studer, Liveticker: Sermîn Faki

Mit der Detailberatung im Nationalrat fallen die ersten konkreten Entscheide – etwa zum Frauenrentenalter 65 oder der Zusatzfinanzierung über die Mehrwertsteuer. 

Derweil sorgen FDP und GLP mit einem kurzfristig eingebrachten Alternativmodell für Unruhe, in welchem sie neue Kompensationsmassnahmen für die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes vorschlagen. Der ­eigentliche Knackpunkt bleibt aber der 70-Franken-AHV-Zustupf. BLICK zeigt, welche Köpfe derzeit die Debatte prägen.

Foto: EQ Images

Die Kompromisslose: Ruth Humbel (CVP/AG)

Nationalrätin Ruth Humbel (59) ist der wichtigste Trumpf im Lager der Befürworter des 70-Franken-AHV-Deals. Als Vertreterin des rechten CVP-Flügels ist sie in dieser Frage besonders glaubwürdig – und spielt deshalb eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, auch den rechten KMU-Klub in der CVP auf Linie zu halten. Dabei stand Humbel dem 70-Franken-Kompromiss anfangs selber skeptisch gegenüber. Doch nach etlichen durchgerechneten Modellen kam sie zum Schluss, dies sei doch die beste Lösung. Seit­her ist sie eine eiserne Verfech­-terin des Ständeratskompromisses. So sehr, dass sie aus der bürgerlichen Reformgruppe Schindler geworfen wurde.

Foto: EQ Images

Der Briefträger: Bruno Pezzatti (FDP/ZG)

Bisher galt er als Hinterbänkler, doch bei der Rentenreform steht Nationalrat Bruno Pezzatti (65) im Rampenlicht. Er spielt nämlich die Rolle des Briefträgers für die Wirtschaftsverbände – und hat deren Anträge in der Sozialkommission eingebracht. Der aufsehenerregendste ist der Interventionsmechanismus für das Rentenalter 67. Kaum war der in der Kommission durch, bekamen die Arbeitgeber kalte Füsse und wetterten über die überladene Vorlage. Obwohl sie Bruno Pezzatti im Regen stehen liessen, spielt er auch im Nationalrat wieder den Pöstler. Er beantragt nun plötzlich, das umstrittene Modell in eine separate Vor­lage auszugliedern.

Foto: EQ Images

Der Mehrheitsbeschaffer: Thomas Weibel (GLP/ZH)

Es ist die grosse Stunde des eher unscheinbaren Nationalrats Thomas Weibel (62). Bei den knappen Entscheiden in der Sozialkommission – des Öftern 13 zu 12 – gab seine Stimme gleich mehrfach den Ausschlag, um die Vorlage auf Rechtskurs zu trimmen. Damit versucht er ausgerechnet das Ständeratsmodell zu bodigen, welches die frühere GLP-Ständerätin Verena Diener noch mitaufgegleist hatte. Sein Einsatz wurde auch von SVP und FDP belohnt: Er vertritt als Kommissionssprecher die Mehrheitsbeschlüsse. Seltsam nur, dass er nun trotzdem einen umstrittenen Einzelantrag nachreicht. Weibel und seine GLP werden im ­Plenum jedenfalls das Zünglein an der Waage spielen.

Jean-François Steiert (55, SP/FR)
Foto: Remo Naegeli

Der Verbindungsmann: Jean-François Steiert (SP/FR)

Die SP steckt im Dilemma: Einerseits wollen die Genossen ihren Bundesrat Alain Berset vor dem Scheitern seiner grossen Rentenreform bewahren, andererseits müssen sie mit dem Frauenrentenalter 65 sowie der Senkung des BVG-Umwandlungssatzes zwei riesige Kröten schlucken. Sie brauchen also einen Ausgleichs­deal, um die Vorlage mittragen zu können. Hier kommt SP-Nationalrat Jean-François Steiert (55) eine tragende Rolle zu. Einerseits als Unterhändler bei den anderen Fraktionen. Und andererseits als Verbindungsmann mit direktem Draht zu Berset – von Freiburger zu Freiburger.

Foto: KEY

Der Hardliner: Sebastian Frehner (SVP/BS)

Nationalrat Sebastian Frehner (43) leitet die bürgerliche Gruppe Schindler, die zusammen mit Wirtschaftsvertretern die Rentenreform vorspurt. Als SVP-Leader in der Sozialkommis­sion prägt er die Reform massgeblich mit. Frehner verfolgt einen harten Kurs. Der 70-Franken-Deal ist für ihn ein absolutes No-Go. Doch im Moment stellt sich die Frage, welchen Rückhalt er in der Fraktion überhaupt noch geniesst. SVP-Chefstratege Christoph Blocher hat ihn öffentlich infrage gestellt. Dessen Adlatus Thomas Aeschi desavouierte Frehner geradezu, als er den Antrag stellte, die Reform in drei Teile aufzu­splitten.

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