Vorschlag zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative
Rösti warnt vor Unruhen

Die Volkspartei steht in der Europapolitik wieder alleine da. SVP-Präsident Albert Rösti ist enttäuscht von den Mitte-Parteien – und erwägt ein Referendum.
Publiziert: 04.09.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:44 Uhr
Enttäuscht von CVP und FDP: Der Berner SVP-Nationalrat und Parteichef Albert Rösti.
Foto: Peter Mosimann
Marcel Odermatt und Simon Marti

In einer historischen Abstimmung am 9. Februar 2014 wollte eine Mehrheit der Schweizer Stimmbürger die Zuwanderung begrenzen. Wie früher sollen wieder Kontingente und Höchstzahlen für Ausländer, die in der Schweiz arbeiten wollen, und ein Inländervorrang gelten.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats will davon aber nichts wissen. Seit Freitag ist klar: Einzig einen sogenannten «Inländervorrang light» lassen die Parlamentarier gelten. Dass bedeutet, dass Unternehmen offene Stellen den regionalen Arbeitsvermittlungszentren melden müssen. Aber nur, wenn die Zuwanderung aus EU und Efta einen gewissen Schwellenwert überschreitet.

FDP, CVP, SP und Grüne setzten sich damit durch. Bei der Europapolitik bleibt damit alles beim Alten: Alle gegen die SVP. Für Albert Rösti (49), Präsident der Volkspartei, eine gefährliche Kons­tellation. «Die Einwanderung wird unser Hauptproblem bleiben und kaum zurückgehen», sagt der SVP-Präsident. Afrika bewege sich nach Europa, eine Völkerwanderung sei im Gange. Hinzu komme die Zuwanderung aus Europa, die den über 50-jährigen Schweizern die Jobs wegnehme und die Sozialkosten explodieren lasse. «Das ist brandgefährlich», so der Berner Oberländer. Die SVP habe mit der Initiative diese Gefahr entschärfen wollen. Und Rösti geht noch weiter: «Wenn die Politik langfristig direktdemokratische Abstimmungen ignoriert und Immigranten unsere Stellen wegnehmen und das Sozialsystem ruinieren, können in der Schweiz Unruhen drohen», warnt Rösti.

Dass er als Chef der Rechtspartei direkt von der enttäuschten Mehrheit vom 9. Februar profitieren könnte, weist er zurück. Er sei kein Opportunist und könne sich keineswegs freuen, dass die SVP von diesem bisher nie da gewesenen skandalösen Verfassungsbruch profitieren könnte, so Rösti. «Längerfristig sehe ich die Gefahr, dass auch unsere Wähler zu Hause bleiben und sich sagen: Wahlen und Abstimmungen bringen ja eh nichts.»

Ein Referendum gegen den Umsetzungsvorschlag des Parlaments schliesst der SVP-Präsident nicht aus. «Wenn die Linken einen Ausbau der flankierenden Massnahmen durchsetzen, müssen wir ein Referendum einreichen.» Er ist überzeugt, die SP werde der FDP die Rechnung präsentieren.

Sicher ist: Vom viel beschworenen bürgerlichen Schulterschluss zwischen CVP, FDP und SVP ist nicht mehr viel übrig. Die Erwartungen an eine enge Zusammenarbeit unter den drei neuen Parteichefs Rösti, Petra Gössi (40, FDP) und Gerhard Pfister (53, CVP), seien übertrieben gewesen. «Die beiden sogenannten bürgerlichen Parteien haben uns die kalte Schulter gezeigt.»

Die Abwendung der potenziellen bürgerlichen Partner macht der Volkspartei schwer zu schaffen. Insbesondere, weil man in den Gesprächen zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative Kompromissbereitschaft signalisierte, wie Rösti erklärt. Die SVP habe bei allen Gesprächen unter den bürgerlichen Parteien immer klargemacht: «Wir unterstützen jede Umsetzung, welche die Zuwanderung deutlich senkt. Auch wenn sie von unserer Ini­tiative abweicht.»

Das gilt laut Rösti auch für den Vorschlag von Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt (55). Dieser hätte zumindest die Möglichkeit von Höchstzahlen bei der Zuwanderung beinhaltet. «Hätte sich gezeigt, dass der Vorschlag des Arbeitgeberverbandes die Zuwanderung klar gesenkt hätte, hätten wir diesen Kompromiss zumindest nicht torpediert», sagt der SVP-Boss.

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