Ein lange verschwiegenes Treffen mit dem Boss des Weltfussballverbands Fifa, Gianni Infantino (49), bringt den Schweizer Chef-Ankläger Michael Lauber (53) in die Bredouille. Der Bundesanwalt hatte versprochen, den Korruptionssumpf rund um die Fifa trockenzulegen: Unter Lauber wurden Fifa-Funktionäre verhaftet und 29 Terabyte Daten sichergestellt. Doch nun prüft die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) ein Disziplinarverfahren gegen ihn.
Seit Mitte März führt die AB-BA Vorabklärungen durch: Es werde geprüft, ob Gründe vorliegen, «welche die Eröffnung einer Disziplinaruntersuchung gegen den Bundesanwalt rechtfertigen», sagt die AB-BA gegenüber der «Süddeutsche Zeitung».
Es gab ein mysteriöses drittes Treffen
Bereits im Herbst 2018 wurde publik, dass es wenige Wochen nach Infantinos Wahl zum Fifa-Präsidenten im März und April 2016 zwei Treffen mit dem Chef-Ankläger gegeben hatte. In Anbetracht der andauernden Ermittlungen im Fifa-Umfeld eine brisante Angelegenheit. Laubers Bundesanwaltschaft (BA) rechtfertigte sich damit, dass solche «Koordinierungstreffen» für grosse Strafverfahren aufgrund des Arbeitsaufwands sinnvoll seien.
Doch nun ist klar: Es gab noch ein weiteres mysteriöses Treffen zwischen Infantino und Lauber. Und dieses Treffen im Juni 2017 verschwieg die Bundesanwaltschaft nicht nur beim Pressetermin im Herbst 2018, sondern auch gegenüber seiner Aufsichtsbehörde: Der Bundesanwalt habe damals angegeben, es sei zu keinen weiteren Treffen mit Vertretern der Fifa oder Uefa auf Stufe Bundesanwalt gekommen, sagt die AB-BA.
Erst Mitte März erfuhr die AB-BA vom dritten Treffen: Während Ermittlungen des Wallisers Sonderanwalts Damian Graf zum Verhältnis zwischen Infantino und dem mit ihm befreundeten Walliser Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold. Arnold hatte die Treffen mit der BA für den Fifa-Boss eingefädelt. Die Bundesanwaltschaft hatte darauf einräumen müssen, dass wohl ein weiteres Treffen stattfand.
Erst das dritte Treffen, dann die Einstellung der Ermittlungen
Das dritte Meeting hatte zu einem äusserst heiklen Zeitpunkt stattgefunden. Denn im Frühjahr 2017 lief ein Verfahren, das auch Infantino persönlich tangierte. Zwar gegen Unbekannt, doch betraf es einen seltsamen TV-Rechte-Deal, den Infantino in seiner Zeit als Direktor der Uefa 2009 signiert hatte. Nur einige Monate nach dem dritten Treffen stellte die BA die Ermittlungen zum TV-Deal ein.
Die Vorabklärungen zum Disziplinarverfahren werden wohl bis Anfang Mai dauern. Dann muss sich zeigen, ob ein Verfahren gegen Bundesanwalt Lauber eröffnet wird. In der Zwischenzeit will sich die AB-BA nicht weiter zur Sache äussern. Und die Bundesanwaltschaft betont nun allgemein die Wichtigkeit von Koordinierungstreffen. (pro)