Vor sieben Wochen zeichnete sich ein Ja ab – gestern gab es ein krachendes Nein
Vier Gründe für das Fair-Food-Fiasko

Noch vor fünf Wochen sah es überraschend gut aus für die Fair-Food-Initiative. Umso grösser ist bei den Initianten nun die Enttäuschung über das überdeutliche Nein. Wie kams dazu?
Publiziert: 24.09.2018 um 00:23 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2018 um 15:34 Uhr
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Enttäuscht vom Ergebnis: Regina Fuhrer-Wyss (l.), Präsidentin der Kleinbauern-Vereinigung, und Maya Graf, Co-Präsidentin des Initiativkomitees der Fair-Food-Initiative.
Foto: Keystone
Ruedi Studer, Lea Hartmann, Julien Duc

Im August waren die Grünen noch voller Hoffnung: Die erste SRG-Umfrage zeigte eine Zustimmung von 78 Prozent für die Fair-Food-Initiative. Auch die Ernährungssouveränitäts-Initiative der Bauerngewerkschaft Uniterre konnte auf einen Zuspruch von 75 Prozent zählen.

Kein Wunder, denn die beiden Volksinitiativen tragen klingende Namen. Slogans, gegen die kaum jemand etwas haben kann. Doch je mehr sich die Stimmbürger inhaltlich mit den beiden Volksbegehren beschäftigten, umso deutlicher kippte ihre Haltung ins Nein.

Das Fair-Food-Fiasko hat seine Gründe:

  • Bestehender Agrarartikel: Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hat das Stimmvolk einen neuen Agrarartikel in die Verfassung geschrieben. Ein Gegenentwurf zur Initiative für Ernährungssicherheit des Bauernverbands, der mit 78,7 Prozent Ja gutgeheissen wurde. Der Bauernverband hatte seine Initiative zugunsten des Gegenvorschlags zurückgezogen. Die Grünen hätten es ihm gleichtun können. Denn der neue Agrarartikel beinhaltet als Kompromiss bereits einige ihrer Forderungen. Etwa, dass der internationale Handel zur Nachhaltigkeit beitragen und dass Foodwaste bekämpft werden sollen. Die beiden Agrar-Initiativen waren damit schlichtweg überflüssig.
     
  • Die Kostenfrage: Die Gegner haben den richtigen Trumpf gespielt: das Portemonnaie. Ein höherer Lebensmittelstandard hat nämlich seinen Preis. Ob es nun nur wenige Prozente sind (wie Bauernchef Markus Ritter vorrechnete) oder doch eher 50 Prozent (wie Economiesuisse behauptete), ist dabei nicht entscheidend. Sondern, dass die Preisentwicklung nach oben zeigt. Dabei haben nicht alle nur ans eigene Portemonnaie gedacht. Dass ausgerechnet die Armen den Gürtel noch enger schnallen müssten, mochten viele nicht einfach so abnicken.
     
  • Internationale Abkommen: Im eher lau geführten Abstimmungskampf war es zwar nicht das zentrale Thema, spielte aber gerade für wirtschaftsfreundliche Kreise eine wichtige Rolle: Bei einem Ja zu den Initiativen wäre die Schweiz allenfalls mit internationalen Abkommen in Konflikt geraten – besonders wegen der Ernährungssouveränität. Gerade auch beim EU-freundlichen Flügel der Linken dürfte das – entgegen der Parteiparolen – für einige Nein-Stimmen gesorgt haben.
     
  • Fehlender Leidensdruck: Die Agrar-Initiativen interessierten viele nicht die Bohne.
    Die schwache Stimmbeteiligung von nur 37 Prozent ist Ausdruck davon. Beim Thema besteht schlicht keine echte Betroffenheit und schon gar kein Leidensdruck. Denn: Wer will, kann jetzt schon fair und nachhaltig einkaufen.
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