Die Öffentlichkeit kriegt die Auswirkungen der globalen Erwärmung soeben auf drastische Weise mit. Auch Bundespräsidentin Doris Leuthard (54, CVP) hat bei ihrem Besuch am Donnerstag in Bondo GR auf die Klimaproblematik hingewiesen.
Zur Debatte gehört die Frage, wie die Gesellschaft in einer veränderten Umwelt leben soll. Genau zu diesem Thema arbeiten die Ämter in Bundesbern längst unter Hochdruck: Unter dem Label «Anpassung an den Klimawandel» beteiligen sich fünf Bundesstellen an einem breit angelegten Pilotprogramm. Ziel ist es, die Bevölkerung in verschiedensten Bereichen auf ein Leben unter veränderten klimatischen Bedingungen vorzubereiten.
31 Projekte, über die ganze Schweiz verteilt
Morgen Montag stellt das Bundesamt für Umwelt die drei neusten Projekte vor. Dazu gehören die Bereiche Stadtentwicklung und Gesundheit, Wasserknappheit sowie Landnutzung. Konkret betrifft das die Begrünung der Städte, das Leben mit Hitzesommern, Fischerei und Tierschutz bei gestiegenen Wassertemperaturen, die Bewässerung in der Landwirtschaft oder die Vorbeugung gegen neu auftretende Pflanzenschädlinge.
Insgesamt umfasst das Programm 31 Projekte, die über die ganze Schweiz verteilt betrieben werden. Die ältesten laufen seit 2014. Manche betreffen den Umgang mit Wasserknappheit, andere den Umgang mit Naturgefahren und veränderten Ökosystemen.
Im Thurgau zum Beispiel wird erforscht, wie die Bauern mit weniger Wasser künftig ihre Agrarwirtschaft betreiben können. Im Wallis läuft ein Projekt, wie man die Tier- und Pflanzenwelt in wärmeren Teichen und Tümpeln schützen kann. Im Bernbiet werden Rettungskräfte darauf vorbereitet, wie sie auf häufigere Naturvorkommnisse reagieren können (Ziel: «weniger Unfälle und Schäden trotz mehr Ereignissen»).
Auch Tourismusdestinationen eingebunden
Auch der Bündner Ferienort Davos macht bei der Übung mit: Bevölkerung und Gäste sollen «für die Auswirkungen des Klimawandels sensibilisiert und zum Handeln motiviert werden». Überdies treffen sich in der Gemeinde nächstes Jahr Polarforscher aus aller Welt zum Klimagipfel.
Unter den Beamten und Forschern hat sich bereits ein eigener Jargon entwickelt: Der Begriff «milClim» steht für die «Vorbereitung der Milchviehbetriebe auf den Klimawandel»; das wird im waadtländischen Nyon praktiziert.
In der Südschweiz gilt die Aufmerksamkeit ganz kleinen Wesen: Dort läuft ein nationales Programm zur Überwachung der Asiatischen Tigermücke. Seit 2003 hat sich das aus Südostasien stammende Insekt auch im Tessin eingenistet. Ende Juli wurden Eier auch in Basel-Stadt nachgewiesen.
Das Tier ist berüchtigt, weil es Krankheiten wie Denguefieber überträgt. Der Philosoph Michel Foucault (1926–1984) hat einst den Begriff der Biopolitik geprägt: Den postmodernen Staat verstand er als Gebilde, das die Bürger über ihre Körper – Gesundheit, Ernährung, Sexualität – überwacht und steuert.
Die Eidgenossenschaft und ihr ehrgeiziges Programm zur Anpassung an die Wärme empfände Foucault womöglich als bemerkenswerte Weiterentwicklung.