Von ihnen stammt fast jedes zweite Asylgesuch
Warum kommen so viele Eritreer?

Die Schweiz beurteilt Asylgesuche von Eritreern gleich streng wie die Nachbarstaaten. Trotzdem ist die Schweiz attraktiv für Flüchtlinge aus dem ostafrikanischen Staat.
Publiziert: 21.07.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 15:20 Uhr
Asylbewerber aus Eritrea vertreiben sich die Zeit in einer Unterkunft im Tessin (Archiv)
Foto: Keystone
Von Christoph Lenz

Es ist eine eigentliche Explosion: Im 1. Quartal 2015 beantragten 562 Eritreer Asyl in der Schweiz. Im 2. Quartal waren es schon 3238. Eine Zunahme um Faktor sechs! Das Wachstum ist so gross, dass es fast die gesamte heute kommunizierte Zunahme der Asylgesuche in den letzten drei Monaten zu erklären vermag.

Die Behörden sind nicht wirklich überrascht, dass die Asylgesuche durch die Decke schiessen. Die von Eritreern bevorzugte Migrationsroute führt über das zentrale Mittelmeer nach Italien. In den Wintermonaten ist eine Überfahrt nur sehr eingeschränkt möglich. Deshalb steigt die Zahl der Flüchtlinge, sobald es im Frühling wärmer wird.

«Schweiz liegt direkt an der Migrationsroute»

Viele Bewohner der Schweiz fragen sich dieser Tage allerdings, warum so viele Eritreer ihr Asylgesuch in der Schweiz stellen. Martin Reichlin vom Staatssekretariat für Migration sieht zwei Hauptgründe: Die Fluchtroute der Eritreer und die eritreische Diaspora in der Schweiz.

Reichlin: «Anders als Syrer, Afghanen und Tschetschenen, die über den Balkan nach Europa gelangen, nutzen Migranten aus Eritrea vor allem die Route über das zentrale Mittelmeer.» Nach der Landung in Süditalien versuche ein grosser Teil dieser Flüchtlinge irregulär nach Norden weiterzuwandern. «Die Schweiz liegt also direkt an der Migrationsroute der Eritreer.»

Keine höheren Asylchancen für Eritreer

Die Schweiz sei für Flüchtlinge aus Eritrea auch deshalb ein attraktiver Ort, weil sich hier schon seit den 90er-Jahren eine Diaspora gebildet habe. «Wer seine Heimat verlässt und anderswo einen Neustart wagen muss, der wird sein Ziel auch danach bestimmen, wo er Landsleute vorfindet», so Reichlin. «Ein solches Netzwerk kann hilfreich sein, wenn man sich an einem neuen Ort zurechtfinden muss.»

Einer verbreiteten Annahme tritt Reichlin vom SEM aber entschieden entgegen: «Dass so viele Eritreer in der Schweiz Asyl beantragen, ist nicht darauf zurückzuführen, dass der Bund die Gesuche grosszügiger beurteilt», so Reichlin. «Kein europäischer Staat schickt derzeit Asylbewerber nach Eritrea zurück. Und die Schutzquote in der Schweiz liegt genau im Durchschnitt vergleichbarer europäischer Länder.»

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