Die Abstimmungsthemen in den Kantonen sind vielfältig: In Basel-Stadt soll eine Topverdienersteuer eingeführt und das Grossaquarium «Ozeanium» gebaut werden. Über die Kürzung der Sozialhilfe entscheiden die Berner – und das Ergebnis hat Signalwirkung für die Schweiz. Graubünden streitet sich derweil um die Sonderjagd.
Worüber die Kantone am Sonntag entscheiden:
Zwei Bildungsinitiativen in Basel-Land
Den Kanton Basel-Landschaft beschäftigt das Bildungswesen gleich zweimal: Die Stimmbürger entscheiden über zwei vom Lehrerverein Basel eingereichte Initiativen, die sich gegen neue Sparmassnahmen richten.
Die erste Vorlage will Regeln aufstellen, wie im Bildungsbereich gespart werden darf: Welche Massnahmen und in welcher Reihenfolge sie zu ergreifen sind. Die zweite Initiative fordert, dass ohne eine Zweidrittelmehrheit im Landrat keine Schulklassen mehr vergrössert oder die Vor- und Nachbereitungszeit der Lehrpersonen gekürzt werden kann.
Basel-Stadt entscheidet über Ozeanium
Spitzenverdiener sollen in Basel-Stadt zur Kasse gebeten werden: Wer über 200'000 Franken verdient, müsste künftig deutlich mehr Steuern bezahlen. Mindestens ebenso umstritten ist das «Ozeanium», ein Grossaquarium, das der Zoo Basel für 100 Millionen Franken errichten will.
Die Basel-Städter entscheiden noch über ein weiteres Bauprojekt: Für 214 Millionen soll ein Neubau für das Naturhistorische Museum und das Staatsarchiv erbaut werden. Daneben wird über die Krankenkasseninitiative wird abgestimmt: Sie will, dass Krankenkassenprämien künftig vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können. Zuletzt kommt auch eine Teilrevision des Steuergesetzes an die Urne: Der Kanton soll in Zukunft die Kirchensteuer einziehen.
Kürzt Bern die Sozialhilfe?
Im Kanton Bern geht es den Sozialhilfebürgern ans Eingemachte: Um 8 Prozent und in gewissen Fällen um bis zu 15 oder 30 Prozent sollen die Beiträge gekürzt werden.
Auch andere Kantone, allen voran Berns Nachbarn beäugen die Abstimmung genau: Sie fürchten, dass Sozialhilfebezügern zu ihnen ziehen könnten, um höhere Beiträge zu ergattern.
Einst für ungültig erklärte Initiative kommt in Graubünden an die Urne
Nachdem die Sonderjagd-Initiative zuerst für ungültig erklärt wurde, kommt sie am Sonntag doch noch an die Urne: Die Vorlage will die in Graubünden traditionsreiche Sonderjagd verbieten. Sie findet Ende Jahr statt, falls auf der Hochjagd im Herbst nicht genügend Wild erlegt wird.
Während der Sonderjagd gelten allerdings gelockerte Bestimmungen. Die sind umstritten: Denn nicht nur dürfen Jung- und Muttertiere geschossen werden, auch befindet sich das Wild dann bereits im Wintermodus.
Abstimmung trotz Beschwerde in Luzern
In Luzern sehr umkämpft ist die Aufgaben- und Finanzreform 18: Sie will Aufgaben im Umfang von rund 200 Millionen Franken neu zwischen Kanton und Gemeinden verteilen.
Noch ist unklar, ob die Vorlage überhaupt rechtens ist: Zwölf Gemeinden, darunter die Stadt Luzern, reichten beim Bundesgericht eine Stimmrechtsbeschwerde ein.
Daneben kommt es zum zweiten Wahlgang der Regierungsratswahlen: Die Grüne Korintha Bärtsch fordert die beiden Bisherigen Paul Winiker (SVP) und Marcel Schwerzmann (parteilos) heraus.
Kuriose Situation im Kanton Schwyz
Mit einer kuriosen Ausgangslage sind die Schwyzer konfrontiert: Sie stimmen über eine Vorlage ab, die von allen grossen Parteien abgelehnt wird. Obwohl die Vorlage noch im Parlament angenommen wurde.
Es geht um das Transparenzgesetz: Nachdem die Juso-Initiative zur Offenlegung der Parteifinanzen überraschend angenommen wurde, genehmigte der Kantonsrat ein entsprechendes Gesetz mit einer deutlichen Mehrheit.
Den Linken ist dieses allerdings zu stark verwässert, sie fordern strengere Regeln. Und obwohl die Bürgerlichen das Transparenzgesetz im Rat absegneten, bekämpfen sie es seither. Ihr Ziel ist, eine erneute Abstimmung über die Initiative herbeizuführen.
Vollständige Akteneinsicht im Kanton Thurgau?
Um Transparenz geht es auch im Thurgau: Eine kantonale Volksinitative fordert, dass Kanton, Gemeinden und Schulgemeinden künftig Einsicht in sämtliche amtliche Akten gewähren sollen, falls keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
Reform für verfassungswidriges Urner Wahlrecht
Den Kanton Uri beschäftigt eine Wahlrechtsreform: Sie ist nötig, weil das Bundesgericht 2016 das Urner Proporzwahlsystem für verfassungswidrig erklärt hat. Grund dafür ist, dass die Stimmen in den einzelnen Proporzgemeinden wegen deren unterschiedlichen Grösse nicht gleich viel Gewicht haben.
Zuger Grundbesitzer müssten mehr abgeben
Das Zuger Stimmvolk entscheidet über das revidierte Planungs- und Baugesetz, das der Kanton an die Vorgaben des Bundes anpassen muss: Künftig müssten Grundbesitzer bei Neueinzonungen mindestens 20 Prozent des Mehrwerts ihres Landes an den Kanton abgeben. Im Moment gilt in Zug ein Einzonungsstopp, der bei einem Ja wieder aufgehoben würde.
Obwalden will den Finanzhaushalt entlasten
Der Kanton Obwalden will seinen Finanzhaushalt um 12,7 Millionen Franken entlasten. Die Vorlage sieht Änderungen bei den Abschreibungen und eine Aufhebung der Schuldenbremse im 2019 vor – Massnahmen, welche das Referendumskomitee für untauglich hält.
Gewinnsteuern sollen in Solothurn gesenkt werden
Die Solothurner entscheiden am Sonntag über die kantonale Umsetzung der AHV-Steuer-Vorlage. Hauptsächlich sollen die Gewinnsteuern für Unternehmen auf effektiv rund 13 Prozent gesenkt werden. So will Solothurn wieder steuerlich attraktiv werden. Diese Pläne bekämpfte die Linke bereits im Kantonsrat.
Tessin: Abstimmung über elf Jahre alte Initiative
Über eine vor elf Jahren eingereichte Volksinitiative entscheiden die Tessiner. Sie will die SBB-Werkstätte in Bellinzona und damit 400 Arbeitsplätze zu retten. Die SBB hingegen plant einen Neubau mit nur noch 200 bis 230 Angestellten.
Ausserdem kommt im Tessin ein Strassenprojekt an die Urne: Der Kanton will auf der Hauptachse Locarno–Bellinzona drei Verkehrskreisel durch ein Ampelsystem ersetzen. Dagegen wurde das Referendum ergriffen.
Verfassungsrevision im Wallis
Die Walliser stimmen über eine Teilrevision der Kantonsverfassung ab. Zwei Fristen werden verlängert: Die konstituierende Session des Grossen Rates soll künftig später stattfinden und die Zeitspanne zwischen erstem und zweiten Wahlgang der kantonalen Wahlen gestreckt werden.
175-seitige Abstimmungsbroschüre in Genf
Am meisten zu entscheiden haben die Genfer. Die kantonale Abstimmungsbroschüre ist so dick – sie zählt ganze 175 Seiten –, dass sie nicht zusammen mit den restlichen Abstimmungsunterlagen verschickt werden konnte: Die Dokumente mussten auf zwei Couverts aufgeteilt werden.
Die Genfer entscheiden an der Urne über 9 Vorlagen: Es geht um die Refinanzierung des kantonalen Vorsorgefonds, die Lockerung der Vorschriften für Sonntagsverkäufe, die kantonale Umsetzung der STAF, die Organisation der Kulturpolitik und die Ausweitung von Prämienverbilligungen.
St. Gallen: Ersatzwahl für Karin Keller-Sutter
Zwar kommt in St. Gallen keine kantonale Vorlage zur Abstimmung, dafür wird gewählt: Es kommt zum zweiten Wahlgang in der Ständerats-Ersatzwahl für Bundesrätin Karin Keller-Sutter (55, FDP).