Der Slogan tönt gut: Grüne Wirtschaft! Eine Wirtschaft, die auf ökologischer Nachhaltigkeit beruht. Das Ziel selbst ist eigentlich unbestritten. Heiss diskutiert wird allerdings, auf welchem Weg und wie rasch dieses Ziel erreicht werden soll.
Einen ersten Entscheid dazu fällt das Stimmvolk am 25. September. Dann stimmen wir über die Initiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft» der Grünen ab. Laut der ersten SRG-Umfrage wollen 61 Prozent der Befragten der Initiative zustimmen. Nur 24 Prozent sind dagegen.
Damit ist eine heisse Schlussphase garantiert. BLICK erklärt, was Sie über die Initiative wissen müssen.
Was verlangt die Initiative?
Die Initiative will, dass die Wirtschaft die Ressourcen effizient nutzt und die Umwelt möglichst schont. Bund, Kantone und Gemeinden sollen deshalb «geschlossene Stoffkreisläufe fördern und dafür sorgen, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten das Potenzial natürlicher Ressourcen nicht beeinträchtigen und die Umwelt möglichst wenig gefährden und belasten».
Konkret soll die Umweltbelastung der Schweiz bis ins Jahr 2050 so weit reduziert werden, dass wir hochgerechnet nur noch die Ressourcen einer Erde verbrauchen – was einem «ökologischen Fussabdruck 1» entspricht.
Spurt die Wirtschaft nicht freiwillig, soll der Bund mit politischen Steuermassnahmen nachhelfen.
Wie argumentieren die Initianten?
Die Schweiz verbrauche zurzeit dreimal mehr natürliche Ressourcen als auf der Erde verfügbar seien, das bedeutet also «ökologischer Fussabdruck 3», rechnen die Initianten vor. Diese Übernutzung wollen die Initianten stoppen. «Das Ziel ist ein Gleichgewicht bis 2050, dass wir nicht mehr Ressourcen verbrauchen als nachwachsen», sagt Grünen-Nationalrat Bastien Girod (ZH). «Wenn wir nichts machen, gibt es immer weniger Ressourcen und damit eine Verteuerung. Wir laufen wir in ein Problem hinein.»
Die Schweiz sei lange Pionierin bei umweltfreundlichen Innovationen und Umweltschutz gewesen, betonen die Initianten – mit der Initiative wolle man die Schweiz in eine Spitzenposition zurückbringen. «In der Vergangenheit war die Schweiz ein Musterknabe, doch sie wird immer mehr zum Sorgenkind», sagt Girod. Andere Länder würden derweil vorwärts machen. Mit der Initiative wolle man auch «einen umweltpolitischen Rückschritt verhindern».
Wie kontern die Gegner?
Die Gegner sprechen von «grünem Zwang» und einer extremen «Umerziehungs-Initiative». Bei einem Ja müsse der Energie- und Rohstoffverbrauchs bis 2050 um weit mehr als zwei Drittel eingeschränkt werden. Das führe zu «radikalen Zwangsmassnahmen, neuen Steuern und steigenden Preisen auf breiter Front».
BDP-Ständerat Werner Luginbühl (BE) warnt deshalb: «Die Initiative droht die Schweiz abzuschotten, würde neue Handelshemmnisse schaffen und gefährdet Freihandelsabkommen. Die Initiative wäre daher für den Werkplatz Schweiz ein Problem und gefährdet Arbeitsplätze.» Die Gegner betonen zudem, dass die Wirtschaft bereits mit freiwilligen Massnahmen «grüne».
Folgen habe die Initiative nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Gesellschaft. «Die Umsetzung der Initiative hätte Einflüsse auf den Lebensstil und würde die persönliche Freiheit einschränken», meint Luginbühl. «Wir müssen in den nächsten Jahren in verschiedenen Bereichen unser Verhalten anpassen.»
Was will eigentlich Umweltministerin Doris Leuthard?
CVP-Umweltministerin Doris Leuthard tritt gegen die Initiative an. Obwohl sie deren Stossrichtung eigentlich unterstützt. So hat sich der Bund selbst zum Zeil gesetzt, den Ressourcenverbrauch auf ein «naturverträgliches Mass» zu verringern. Und Leuthard wollte die Thematik mit einem Gegenvorschlag vorwärts treiben – scheiterte damit aber im neuen, nach rechts gerutschten Parlament.
«Für kommende Generationen muss die Bevölkerung ihr Verhalten überdenken und sparsamer werden, vor allem in Bezug auf Energie, Boden und Wasser», sagte Leuthard im BLICK-Interview. Sie betonte aber auch den wichtigsten Unterschied zu den Initianten. Leuthard will sich nämlich nicht auf einen Termin zur Zielerreichung festlegen.
«Ein sparsamerer Umgang ist der richtige Weg, aber die Initiative macht den Fehler, dass sie in der Verfassung eine starre Grenze – ein Verbrauch im Rahmen einer Erde bis 2050 – vorschreiben will», so Leuthard. «Dadurch müssten wir den Verbrauch massiv einschränken. Das ist nicht machbar. Wir machen uns auf den Weg, aber wir machen eine realitätsbezogene Politik.»
Wer ist für die Initiative?
Die Initiative wird von Grünen, SP und EVP unterstützt. Aber auch die Grünliberalen stehen im Ja-Lager (hatten die Grünen im Gegenzug doch die mittlerweile gescheiterte Energiesteuer-Initiative der GLP unterstützt).
Getragen wird die Initiative auch von Umweltorganisationen wie WWF, Greenpeace, Pro Natura oder VCS. Auch aus der Wirtschaft kommt Unterstützung. So sagt der Wirtschaftsverband Swisscleantech ebenso ja wie verschiedene Firmen (etwa Ikea oder Schneider Electric).
Wer ist dagegen?
Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Im Nein-Lager finden sich denn auch die meisten bürgerlichen Parteien wie SVP, FDP, CVP oder BDP. Zur Nein-Allianz gehören auch zahlreiche Wirtschaftsverbände wie Economiesuisse, Arbeitgeber- und Gewerbeverband.