Freitag, kurz vor Mittag, ein Moment der Freude: In einem Nebenzimmer des Zürcher Restaurants Churrasco erblickt die Handelskammer Kosovo-Schweiz das Licht der Welt.
Als Geburtshelferin wirkt eine siebenköpfige Herrenrunde. Die Stimmung ist gelöst, die Männer klatschen, als der frisch gewählte Präsident Musa Komani die Gründungsurkunden signiert. Jetzt müssen nur noch alle Unterschriften beglaubigt werden, dann darf der Eintrag ins Handelsregister erfolgen.
Man sieht Komani an, wie stolz er ist. Er gehört zur Familie, die das legendäre Fleischlokal beim Rennweg betreibt – sein Bruder Mentor wirtet hier mit Erfolg. Die Komanis gehören zu den gut 200'000 kosovarischstämmigen Einwohnern der Schweiz, gut zehn Prozent des kosovarischen Volkes.
Heute, in diesem Kreis, ist Musa der Patron. Er betont, wie wichtig die Vertiefung der Handelsbeziehung zwischen den beiden Ländern sei: «Wir haben viel Arbeit vor uns.»
Gastfreundlich ohne Ende
Zuerst aber präsentieren die Komanis die Vorzüge der kosovarischen Gastfreundschaft: Zum Mittagessen kommen allerbestes Rindfleisch und Wein auf den Tisch. Den Gästen soll es an nichts fehlen. Schliesslich gibt es etwas zu feiern.
Im vierköpfigen Vorstand der Handelskammer sitzt der Zürcher SVP-Nationalrat und Hauseigentümerpräsident Hans Egloff. Ihm liege als Mitglied der parlamentarischen EU/Efta-Delegation die Einbindung der Balkanstaaten am Herzen, sagt er.
Mit dabei sind auch die Männer, von denen die Initiative zur Gründung der Handelskammer ausging: Alfred Heer und Islam Spahiu. Der Zürcher SVP-Nationalrat und der kosovarische Konsul kamen letztes Jahr zur Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen der Republik Kosovo in Zürich-Altstetten auf die Idee. Heer hielt damals eine Rede.
Auch jetzt im Churrasco spricht Heer: über die tüchtigen Kosovaren hierzulande, über die wirtschaftliche Entwicklung, die im Kosovo gefördert werden muss und die Stabilität der ganzen Region fördern werde. «Es gibt hervorragende Kosovo-Schweizer, nicht nur im Fussball, auch im Berufsleben!»
Keine Berührungsängste
Konsul Spahiu spricht gepflegtes Hochdeutsch, einst arbeitete er als Journalist für die Deutsche Welle. Wie aber erklärt er, dass er mit Exponenten jener Partei zusammenarbeitet, die im August 2011 mit dem Inserat «Kosovaren schlitzen Schweizer auf» Stimmung gegen seine Landsleute machte?
In der Mentalität gebe es eine gewisse Nähe, so Spahiu: Unter den Albanern seien die Kosovaren schon immer liberaler und wirtschaftsfreundlicher gewesen als die Bewohner Albaniens. «Die Handelskammer ist unpolitisch», fügt Heer an. Und betont, dass er damals das Inserat ablehnte. Dessen Aussage sei so dämlich wie: «Schweizer sind pädophil.» In der Handelskammer seien alle willkommen. Am Freitag wurde Heer zum Beirat gewählt, Islam Spahiu in den Vorstand.
Den Konsul nervte es, als Schweizer Nati-Stars an der Fussball-WM den Doppeladler zeigten: «Zeichen einer vergangenen Zeit.» Das Emblem sei nicht auf der Flagge der Republik Kosovo.
Die Handelskammer werde zu tun haben, sagt Präsident Musa Komani: «In Handel, Bildung, Wissenschaft und Kultur gibt es viel Ausbaupotenzial.» Ein Jahrzehnt nachdem die Schweiz als einer der ersten Staaten die Republik Kosovo anerkannte, sei dieser Gründungsakt ein weiterer Meilenstein in den Beziehungen beider Länder.