Zum ersten Mal in der Schweiz wird mit Viola Amherd (56) eine Frau Verteidigungsministerin. Die Neo-Bundesrätin wird von ihren neuen Kollegen ins Verteidigungsdepartement (VBS) verbannt. Aus Militärkreisen hagelt es ob der Departementszuteilung nicht etwa Kritik. Im Gegenteil: «Ich werte dies grundsätzlich als positiv», sagt Stefan Holenstein, Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG).
Er traut der CVP-Frau zu, frischen Wind in das Departement zu bringen und neue Akzente zu setzen. «Sie hat nun die Chance, diesem weit unterschätzten, aber für die Sicherheit und Stabilität unseres Landes absolut zentralen Departement ihren Stempel aufzudrücken.»
Kritik an Amherd-Vorgänger Parmelin
Zu dieser Analyse kommt Holenstein sicher auch, weil der noch amtierende Verteidigungsminister Guy Parmelin (59) in seinen drei Jahren im VBS nicht gerade Pflöcke eingeschlagen hat. «Es ist sicher kein optimaler Abgang, weil viele Geschäfte im VBS noch im Fluss sind», übt der SOG-Präsident leise Kritik. Zahlreiche Grossprojekte wie die Kampfjetbeschaffung oder die Umsetzung der Weiterentwicklung der Armee lägen brach. «Es wäre von Vorteil gewesen, wenn Bundesrat Parmelin das eine oder andere davon hätte abschliessen können.»
Diese Projekte müsse nun Amherd vorwärtsbringen. «Die Beschaffung neuer Kampfjets wird für sie zur ersten grossen Bewährungsprobe. Denn das Geschäft ist ins Stocken geraten.» Sie tue gut daran, eine sorgfältige Analyse der Ausgangslage zu erstellen, ohne jedoch Zeit zu verlieren. «Sie muss dieses wichtige Geschäft ohne Verzögerung zum Erfolg führen», fordert Holenstein.
Der Oberst ist zuversichtlich, dass die CVP-Bundesrätin über das Rüstzeug für diese Aufgaben verfügt. «Sie hat alle Möglichkeiten, schon von Beginn an gut zu reüssieren.» Sie müsse einfach als klare Chefin auftreten und auch die unangenehmen Dossiers konsequent angehen. Dann habe Amherd die Chance, einen führungsmässigen Kulturwandel zu erwirken, «und zwar mit den richtigen, kompetenten und vertrauensvollen Führungsleuten in ihrem engeren Umfeld».
GSoA hofft auf Kostenbewusstsein im VBS
Weit weniger optimistisch gibt sich Lewin Lempert (22), Sekretär der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA): «Auch mit einer Frau an der Spitze der Armee ändert sich für die GSoA grundsätzlich nichts.» Die Mehrheitsverhältnisse in Bundesrat und Parlament blieben gleich, folglich seien auch keine Reformen realistisch, wie sie sich die GSoA wünsche.
Doch in gewissen Punkten hegt Lempert Hoffnungen in die designierte Verteidigungsministerin: «Aus realpolitischer Sicht hoffe ich, dass die Beschaffung neuer Kampfjets deutlich billiger wird.» Die GSoA habe sich schon immer auf den Standpunkt gestellt, dass acht bis zwölf neue Flieger genügten.
«Ich wünsche mir zudem, dass Viola Amherd ein Kostenbewusstsein im VBS etabliert, damit nicht noch mehr Steuergelder aus dem Fenster geschossen werden.» Die Armee sorgte kürzlich mit Spesen-Exzessen für Negativschlagzeilen.