Die Verkehrsministerin hat eine überraschende Wissenslücke. In der TV-«Arena» am Freitagabend zur 100-Franken-Autobahnvignette behauptete Doris Leuthard (50), dass Lastwagen eine Autobahnvignette brauchen.
«Jährlich durchqueren 1,2 Millionen Lastwagen die Nord-Süd-Route. Es sind nicht bloss ein paar ausländische Touristen, die eine Vignette brauchen», sagte sie an die Adresse von SVP-Nationalrat Walter Wobmann (55, SO).
Leicht irritiert warf dieser ein: «Lastwagen haben die LSVA, übrigens.» Die CVP-Verkehrsministerin schnippisch: «Ähmm. Wir reden hier von der Vignette.»
Moderatorin versuchte zu retten
Moderatorin Sonja Hasler (46) realisierte die Verwirrung und spielte Leuthard einen rhetorischen Steilpass zu. «Lastwagen haben keine Vignette, oder?»
Jetzt insistierte die Verkehrsministerin heftig. «Doch! Selbstverständlich. Alle Fahrzeuge müssen eine Vignette lösen», sagte sie überzeugt. Die übrigen Diskussionsteilnehmer waren so baff, dass niemand widersprach.
Ein peinlicher Patzer. Die Verkehrsministerin weiss nicht, dass ihr Departement per 1. Januar 2001 die Lastenabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in Kraft setzte. Vignettenpflichtig sind Motorräder, Autos und Anhänger bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen. Aber nicht Lastwagen.
Nicht alle Fahrzeuge brauchen Vignette
Selbst das Zugfahrzeug alleine, ohne Anhänger, ist von der Vignettenpflicht befreit. Auch Miltär, Zivilschutz sowie sämtliche Blaulichtorganisationen brauchen keine Vignette, ebenso ausländische Regierungsfahrzeuge in offizieller Mission. Sorry, Frau Leuthard, aber nicht alle Fahrzeuge brauchen ein Vignette.
Die Bundesrätin kann sich solche Patzer locker leisten: Die CVP-Basis stellte sich gestern an ihrer Delegiertenversammlung in Tenero TI begeistert hinter sie. Mit 162 Ja- gegen 19 Nein-Stimmen gab es ein klares Bekenntnis zum 150-prozentigen Gebührenaufschlag.
Leuthard war persönlich angereist, um für die 100-Franken-Vignette zu werben. Ohne den teureren Kleber könnten zahlreiche Projekte für dringend notwendige Umfahrungsstrassen in den Regionen nicht realisiert werden.
SVP gegen Erhöhung
Nichts von einer Erhöhung wollten dagegen die SVP-Delegierten in Meiringen BE wissen. Mit 319 zu 25 Stimmen fassten sie die Nein-Parole.
Zuerst sollen die Verantwortlichen beim Bund ein Konzept vorlegen, welche Strassen sie in den nächsten Jahrzehnten zu welchem Preis bauen wollen – und wie sie das zu bezahlen gedenken. Die aktuelle Vorlage sei ein Schnellschuss.