Für die SVP war das vergangene Wochenende ein Debakel. Nicht nur in traditionell sowieso eher linken Städten, sondern auch in der Agglo mussten die Bürgerlichen bluten. Hatte man schon im ersten Wahlgang im März vier Sitze in Zürcher Stadt-Regierungen verloren, kamen am Sonntag nochmals ebenso viele Sitzverluste dazu.
Das Wahldebakel der SVP – eine Freude für die SP? Könnte man meinen. Doch SP-Nationalrat Cédric Wermuth (32) ist in Motz- statt Feierlaune. Grund ist die Wahlberichterstattung des Schweizer Fernsehens.
«Themenabend ‹SVP retten›» beim SRF, giftelt der Aargauer. «Das Verteilen von kleinen Aufmerksamkeiten nach Herrliberg geht nahtlos weiter. Kann ich solche Sonderabende irgendwo bestellen?»
Thema in vier Sendungen
Tatsächlich: Gestern berichteten mit «Schweiz aktuell», der «Tagesschau» und «10 vor 10» gleich alle drei Nachrichten-Gefässe im Leutschenbach über die SVP-Krise – gefolgt von der Talkshow «Schawinski», bei der SVP-Doyen Christoph Blocher gastierte.
Auch dort war der Abschiffer der SVP natürlich grosses Thema. Dieser sei auf den «Riesenerfolg» der Partei zurückzuführen, die sie – notabene wegen ihm – in den letzten zwanzig Jahren gehabt habe, sagt Blocher. «Jetzt bin ich also der Grund, weshalb sie verlieren? Das kann sein», wägt Blocher ab. Er reagiert damit auf die im Nachgang der Wahlen geäusserten Vermutungen, der Partei werde ihr Polter-Populismus langsam, aber sicher zum Verhängnis.
«Peinlich», dieser «SVP-Spezialabend», urteilt Wermuth. Aus seiner Sicht flimmerte nicht nur gestern, sondern schon seit Wochen eine regelrechte «Blocher-Gala» über den Bildschirm. So strahlte das SRF Anfang Monat einen Dokfilm über die Aargauer SVP-Grossrätin und Güsel-Queen Karin Bertschi (27) aus. Das Fazit des SP-Politikers: «Eigentlich nur bei ‹Glanz & Gloria› war in den letzten 2 oder 3 Wochen kein Familienmitglied oder Adlat Topthema und Gast.»
«Niederlagen der SVP haben Newswert»
Das SRF nimmt die Kritik an seiner Berichterstattung gelassen. Chefredaktor Tristan Brenn macht Wermuth sogar von sich aus auf eine weitere Sendung aufmerksam, in der die SVP gestern Thema war. «Die Niederlagen der SVP haben Newswert, regional wie national», begründet er den Themenschwerpunkt. Ob «Herrliberg» das toll finde, spiele keine Rolle.
Und «10 vor 10»-Moderator Arthur Honegger witzelt: «Schon klar: Die grosse Wermuth-Gala zur Primetime würde SP-Wählern natürlich besser gefallen.»