Mit Ach und Krach hat es das Protokoll des Aussendepartements EDA geschafft, auf die symbolische Zahl von 100 Teilnehmenden zu kommen. Doch möglich war das nur, indem die Europäische Union auf dem Bürgenstock dreimal gezählt wurde: Kommissionschefin Ursula von der Leyen (65), Ratspräsident Charles Michel (48) und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (45) machten die Hundert voll.
Spannender als die Liste der Teilnehmer – darunter so exotische wie die Südseeinsel Fidschi oder das zentralafrikanische São Tomé und Príncipe – ist jene der Abwesenden. Die Nato-Staaten Türkei, Ungarn, Rumänien und Slowakei entsandten lediglich zweitrangiges Personal. Die Erdogans, Ficos und Orbans wollen es sich mit Putin nicht verscherzen.
Noch bezeichnender ist: Viele Länder, die jedes Jahr Millionen von Schweizer Steuergeldern erhalten, blieben der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock fern, von Aserbaidschan über Bolivien und den Libanon bis Tansania.
Staaten haben keine Freunde, nur Interessen
Bolivien ist ein gutes Beispiel dafür, dass Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen haben. Zwar kassierte Bolivien letztes Jahr 5,1 Millionen Franken von der Deza. Und Ignazio Cassis (63) rückte von seinem Plan ab, die Schweizer Botschaft in La Paz zu schliessen. Dankbarkeit im Gegenzug dafür empfing der Aussenminister nicht. Zwar kam der bolivianische Botschafter Wilfredo Bernardo Ticona (61) zur Deza-Konferenz nach Basel, um Klinken zu putzen. Auf dem Bürgenstock war der südamerikanische Staat jedoch ebenso wenig präsent wie hundert andere Uno-Mitglieder. Stattdessen beehrte Boliviens Präsident Luis Arce (60) letzte Woche Wladimir Putin (71) am Rande des Wirtschaftsforums in St. Petersburg.
Deza-Direktorin Patricia Danzi (55) möchte sich nicht zur mutmasslichen Undankbarkeit ihrer Partnerländer äussern. Doch die Liste der Abwesenden sorgt in der Schweizer Politik durchaus für Unmut. SVP-Nationalrat Alfred Heer (62): «Es zeigt die grenzenlose Naivität des Bundesrates auf. Er verteilt Milliarden an Steuergeldern in der Welt, ohne einen Nutzen davon zu haben.» FDP-Aussenpolitiker Damian Müller (39) findet: «Aussenpolitik ist Innenpolitik. Es gilt alles zu analysieren und dann die Schwerpunkte gegebenenfalls neu zu setzen.»