Amnesty International schlägt Alarm: Jede fünfte Frau ab 16 Jahren hat schon ungewollte sexuelle Handlungen erlebt, mehr als jede zehnte Frau hatte Sex gegen ihren Willen. Dies ergab eine im Frühling publizierte Umfrage bei 4500 Frauen in der Schweiz.
Fast die Hälfte der Frauen gab an, den Vorfall sexueller Gewalt für sich behalten zu haben. Nur 8 Prozent erstatteten Anzeige bei der Polizei. Grund dafür ist gemäss der Menschenrechtsorganisation das veraltete Strafrecht. Liege nämlich kein Straftatbestand der Nötigung vor, gelte eine Tat nicht als Vergewaltigung – selbst wenn ein Opfer klar Nein gesagt habe.
Veto oder Zustimmung zum Sex
Die Strafrechtlerinnen Anna Coninx und Nora Scheidegger wollen deshalb, dass das Strafrecht angepasst wird. Sie haben ein Papier zuhanden des Parlaments erarbeitet, in dem sie Varianten eines neuen Sexualstrafrechts aufzeigen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Zwei Möglichkeiten stehen im Raum. Erstens: Die Vetolösung! Eine Person muss Nein sagen oder ihren Unwillen signalisieren, damit die sexuelle Handlung als «gegen ihren Willen» taxiert wird. Die andere ist gemäss «Tagi» die Zustimmungslösung: Es braucht die ausdrückliche Zustimmung, verbal oder nonverbal. Diese strikte Regelung hat beispielsweise Schweden eingeführt.
Parlament zögert
Ob die Vorschläge in Bundesbern aufgenommen werden, ist fraglich. Viele Politiker sehen keinen Anlass das Gesetz zu ändern. Andere schlagen anderweitige Anpassungen vor. So fordert etwa FDP-Ständerat Andrea Caroni, dass sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person, aber ohne Gewalt, «angemessener» bestraft werden sollen. Dazu brauche es aber einen neuen Tatbestand. (nmz)