Die Volkspartei ist in zwei Lager gespalten. Für eine Gruppe gehen die vielen Ausnahmeklauseln im geplanten Gesetz zu weit. Viel zu weit! Sie redeten ihren Kollegen an der hitzigen Sitzung vor einer Woche ins Gewissen.
Sie warnten davor, dass sich die SVP ins eigene Bein schiesse. Bei ihrer Einwanderungs-Initiative besteht sie bekanntlich auf einer strikten Umsetzung. Einer der Warner ist Gregor Rutz (42, ZH). Der Volkswille sei klar: Es sollen weniger Zweitwohnungen gebaut werden. Mit dem Gesetzesvorschlag werde versucht, dieses Ziel zu verwässern, so der Nationalrat. «Das ist gefährlich. Volksentscheide sind zu respektieren – nicht nur jene, die einem selber passen.»
Ständerat Thomas Minder (54, SH), der als Parteiloser in der SVP-Fraktion sitzt, schäumt gar vor Wut: «Der Volkswille wird bei der Umsetzung nicht mehr respektiert. Die vielen Ausnahmen widersprechen dem Verfassungstext.»
Es sei unglaublich, mit welchen Umgehungen und Tricks man sogar eine Zahl, die in der Verfassung stehe, zu umgehen bereit sei. «Immerhin legen wir den Schwur und das Gelübde auf die Bundesverfassung ab», kanzelt Minder seine Kollegen ab.
Von dieser Tirade verschont bleibt Sebastian Frehner (41). Auch der Basler Nationalrat kritisiert seine Partei. Die SVP dürfe nicht mithelfen, die Zweitwohnungs-Initiative derart zu verwässern. Sonst mache sie sich unglaubwürdig, sagt er. «Wir können nicht darüber schimpfen, dass unsere Initiativen nicht umgesetzt werden, um gleichzeitig andere Initiativen zu durchlöchern. Da müssen wir sauber sein.»
Argumente, welche andere SVP-Politiker nicht teilen. Sie wollen den Verfassungsartikel, der den Anteil Zweitwohnungen pro Gemeinde auf 20 Prozent begrenzt, nicht strikt anwenden. Aus Rücksicht auf die Wirtschaft der Bergkantone. So stimmten alle sieben SVP-Nationalräte in der Umweltkommission – darunter Parteichef Toni Brunner (40, SG) – dem Gesetz zu, das etliche Ausnahmen beinhaltet. Unter anderem sollen neue Ferienwohnungen in allen Gemeinden gebaut werden dürfen, wenn sie zur Vermietung ausgeschrieben würden. Selbst wenn sie dann kaum vermietet werden.
Auch für Oskar Freysinger (54, VS) kommt eine strengere Auslegung «nicht in Frage», wie er sagt. «Bei der jetzigen Wirtschaftslage können wir das Wallis doch nicht in einen Alpenzoo verwandeln!»
Jean-François Rime (64, FR) beruft sich aufs Prinzip «Auge um Auge, Zahn um Zahn». «Bei der Einwanderungs-Initiative ist das Parlament bereit, diese nicht durchzusetzen. Da darf es auch bei der Zweitwohnungs-Initiative ein paar Ausnahmen geben.»
Am Dienstag und Mittwoch kommt es im Nationalrat zum grossen Showdown. Mit Parlamentariern aller Parteien, die jetzt zusammen mit der Ratslinken auf ein schärferes Zweitwohnungsgesetz drängen, ist der Ausgang bei der Umsetzung wieder völlig offen.
Fraktionschef Adrian Amstutz (61, BE) wollte nicht Stellung nehmen. Zu sehr brodelt es in den Reihen der SVP.