Am 25. November sagt das Stimmvolk, was es über den Einsatz von Sozialdetektiven gegen allfällige Missbräuche bei den Sozialversicherungen denkt. Ein wichtiger Punkt im Abstimmungskampf ist die Frage, wie oft die verantwortlichen Stellen solche Observationen ansetzen.
Vergangene Woche machte SonntagsBlick publik, dass die von den kantonalen IV-Stellen kolportierte Zahl von 220 Observationen pro Jahr mit grosser Vorsicht zu geniessen ist (Box rechts). Nun zeigen Recherchen, dass auch die veröffentlichten Observationszahlen der Privatversicherungen nicht die ganze Wahrheit wiedergeben.
Der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) schreibt auf seiner Homepage: «Mit rund 100 Fällen pro Jahr haben die Versicherer das Mittel der Observation zurückhaltend, aber effizient eingesetzt.»
Was der SVV verschweigt: Bei diesen jährlich 100 Fällen handelt es sich einzig und allein um Überwachungen im Bereich der obligatorischen Unfallversicherung (UVG). Zu Observationen in anderen Versicherungssegmenten dagegen verliert der Verband kein Wort.
UVG weniger betroffen
Nachforschungen von SonntagsBlick zeigen nun: Bei der Missbrauchsbekämpfung im Bereich der Zusatz-, Krankentaggeld- und Haftpflichtversicherungen werden deutlich öfter Privatdetektive eingesetzt als bei der UVG.
Pikant: In diesen Versicherungsbereichen sind Observationen auch künftig erlaubt – selbst dann, wenn sich das Volk in drei Wochen gegen Sozialdetektive ausspricht. Denn von der Abstimmung sind lediglich Observationen im UVG-Bereich betroffen. Eine Swica-Sprecherin schreibt dazu: «Der Entscheid der Abstimmung hat keinen grossen Einfluss, da sich das Urteil nur auf die Sozialversicherungen bezieht.»
Die Observationszahlen der Swica zeigen, was das heisst: Im UVG-Bereich führte das Unternehmen zwei bis fünf Observationen pro Jahr durch. Bei den Zusatzversicherungen dagegen wird jährlich rund 25-mal observiert.
In anderen Sparten wird mehr spioniert
Ähnlich die Helsana: Bei der UVG machte der Konzern im Schnitt drei Observationen pro Jahr, bei der Taggeldversicherung rund 35. Die Axa wiederum spricht bei der UVG von rund neun Überwachungen jährlich, in den übrigen Sparten von durchschnittlich 29 Fällen.
Wie diese Aufteilung bei anderen Konzernen aussieht, bleibt im Dunkeln.
Branchenriesen wie Generali und Zurich behalten ihre Observationszahlen unter Verschluss. Exakte Aussagen über die Anzahl von Überwachungen in der gesamten Schweizer Versicherungsbranche sind deshalb nicht möglich.
Nimmt man aber die Angaben von Helsana, Swica und Axa zum Massstab und rechnet diese auf die gesamte Industrie hoch, kann davon ausgegangen werden, dass die Privatversicherer pro Jahr zwischen 500 und 1000 Observationen durchführen – mit Sicherheit deutlich mehr als die «zurückhaltenden» 100 UVG-Überwachungen.
Sollte das Volk am 25. November zu Sozialdetektiven Nein sagen, würde dadurch also nur ein kleiner Teil der Observationen unterbunden. In den meisten Fällen dürften die Schweizer Privatversicherungen weiter observieren.
Letzte Woche deckte SonntagsBlick auf, dass der Bund falsche Zahlen zu den Observationen von IV-Bezügern verbreitet. Nun reagierte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV). «Das BSV hat alle IV-Stellen aufgefordert, ihre Zahlen in der BSV-Statistik zu überprüfen und nötigenfalls zu korrigieren», so ein Sprecher der Bundeskanzlei (BK). Sollten sie anders ausfallen als in den Abstimmungserläuterungen, werde die BK die neuen Zahlen kommunizieren. Dass im Abstimmungsbüchlein von 220 Observationen die Rede ist, kann aus Zeitgründen nicht mehr geändert werden.
Letzte Woche deckte SonntagsBlick auf, dass der Bund falsche Zahlen zu den Observationen von IV-Bezügern verbreitet. Nun reagierte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV). «Das BSV hat alle IV-Stellen aufgefordert, ihre Zahlen in der BSV-Statistik zu überprüfen und nötigenfalls zu korrigieren», so ein Sprecher der Bundeskanzlei (BK). Sollten sie anders ausfallen als in den Abstimmungserläuterungen, werde die BK die neuen Zahlen kommunizieren. Dass im Abstimmungsbüchlein von 220 Observationen die Rede ist, kann aus Zeitgründen nicht mehr geändert werden.