Versicherer über Fake-Plakate gegen ihre Spione
«Das ist billige Stimmungsmache»

Mit einer Online-Guerilla-Aktion ist das Referendumskomitee gegen Versicherungsspione in den Abstimmungskampf gestartet. Die Plagiat-Kampagne bringt die Versicherer auf die Palme – einige haben bereits interveniert.
Publiziert: 17.09.2018 um 15:16 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2018 um 20:45 Uhr
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Dimitri Rougy vom Referendumskomitee gegen Versicherungsspione im Gespräch mit CSS-Medienchefin Christina Wettstein. Sie wirft dem Referendumskomitee «billige Stimmungsmache» vor.
Foto: Andrea Willimann
Ruedi Studer und Andrea Willimann

Mit einer Online-Guerilla-Kampagne warnt das Referendumskomitee gegen Versicherungsspione vor willkürlichen Überwachungsaktionen. Dabei kopieren die Referendumsführer Krankenkassen-Werbung – und motzen diese mit eigenen Botschaften und Bildern auf (BLICK berichtete). 

Die Plagiat-Kampagne bringt die Krankenversicherer auf die Palme!

Etwa die CSS-Versicherung. Vor deren Hauptsitz in Luzern starteten die Referendumsführer nämlich heute ihre Abstimmungskampagne – und CSS-Medienchefin Christina Wettstein machte diesen ihren Unmut deutlich.

CSS: «Billige Stimmungsmache»

Gewisse Übertreibungen gehörten zwar zu einem Abstimmungskampf dazu, so Wettstein zu BLICK. «Hier ist die Grenze aber überschritten.» Denn in der Krankenversicherung spielten Observationen keine Rolle. «Die Krankenversicherten zu verängstigen, ist billige Stimmungsmache», so Wettstein. 

Die Behauptung des Referendumskomitees, die CSS wolle ihre 1,7 Millionen Versicherten «zukünftig mit Trackern, Drohnen und Privatdetektiven überwachen», entbehre jeglicher Realität. «Wir würden nie unsere 1,7 Millionen Grundversicherten bespitzeln. Das haben wir nie getan, und wir haben das auch in Zukunft nicht vor.»

Observationen würden in anderen Sparten der Sozialversicherung vorkommen, wo es um Renten und langfristige Kapitalleistungen gehe, führt Wettstein aus. «Die CSS ist hier nur marginal involviert, nämlich im Firmenkundengeschäft.» 

Rechtlich werde man trotzdem nicht gegen die Guerilla-Kampagne vorgehen, erklärt sie. «Aussagen, die die CSS betreffen und falsch sind, stellen wir aber richtig.» 

Groupe Mutuel hat interveniert

Reagiert hat die Groupe Mutuel. «Wir bedauern, dass unser Logo missbräuchlich und ohne Genehmigung verwendet wurde», sagt Pressechef Christian Feldhausen. «Wir haben bereits interveniert, damit unser Logo umgehend zurückgezogen wird.»

Derzeit beabsichtige man aber nicht, rechtlich vorzugehen. Feldhausen ist darauf bedacht, kein Öl ins Feuer zu giessen: Man respektiere diesen Ausdruck der Meinungsfreiheit des Referendumskomitees zwar, erklärt er, «doch sollten dabei auch Regeln respektiert werden».

Helsana: «Aufmerksamkeit um jeden Preis»

Auch Helsana plant vorerst keine rechtlichen Schritte, wie Sprecherin Dragana Glavic sagt. «Die Krankenversicherungsbranche ist die falsche Adressatin. Denn Observationen sind bei uns nicht wirklich ein Thema, und wenn, dann in den Bereichen Unfallversicherung und Krankentaggeld.»

Über das Vorgehen ärgert man sich aber trotzdem. Den Referendumsführern sei für ihre Kampagne offenbar jedes Mittel recht, meint Glavic. Mitten im Prämienherbst sei es bei den Gegnern «höchst willkommen», die Krankenversicherer ins Visier zu nehmen. «Was zählt, ist Aufmerksamkeit um jeden Preis.» 

Ähnlich tönt es bei Visana: Die Kampagne ziele auf die Falschen, so Sprecher David Müller. «Doch die anstehende Prämiensaison wird nun wohl zum Anlass genommen, einen Zusammenhang zu suggerieren, der in Wirklichkeit gar nicht existiert.»

Concordia spricht von Missbrauch

Bei Concordia zeigt man sich ebenfalls alles andere als erfreut über die Kampagne. Das Referendumskomitee habe keine Einwilligung zur Verwendung und Abänderung des Concordia-Werbematerials eingeholt. «Dieses Vorgehen ist widerrechtlich», betont Sprecherin Nina Malika Lerch. Das Werbematerial werde gegen Einverständnis ihrer Firma «für politische Zwecke missbraucht».

Bei Concordia geht man aber davon aus, dass man keine rechtlichen Massnahmen einleiten muss, wie Lerch erklärt: «Wir nehmen an, dass das Referendumskomitee von sich aus eine rechtlich einwandfreie Kampagne führen will.»

Swica-Sprecherin Silvia Schnidrig wiederum erklärt: «Wir prüfen derzeit die Massnahmen, die wir für geeignet erachten.»

Referendumskomitee hält an Plakaten fest

Von einem Rückzug der Online-Plakate will das Referendumskomitee nichts wissen. «Wir müssen aufzeigen, dass das neue Gesetz viel weiter geht, als die Krankenkassen dem Stimmbürger weismachen wollen», sagt Co-Kampagnenleiter Daniel Graf zu BLICK. «Die geplanten Überwachungsmassnahmen können auch die Krankenversicherten treffen.»

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