Verordnung zum neuen Nachrichtendienstgesetz geht zu weit
Harte Kritik an Schnüffel-Bundesrat

Die Verordnung des Bundesrates über das Nachrichtendienstgesetz stösst auf Widerstand. Kritisiert werden unter anderem die Artikel über die Verlängerung der Schutzfrist und die Löschung von Daten. Auch die Geheimdienstaufsicht verlangt Änderungen.
Publiziert: 20.04.2017 um 21:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:04 Uhr
Versuchten sie gesetzeswidrige Schnüffel-Regeln in die Verordnung zu schmuggeln? Verteidigungminister Guy Parmelin (SVP) mit Markus Seiler, Direktor des Bundesnachrichtendiensts.
Foto: PETER KLAUNZER

Am 25. September 2016 hatten die Schweizer Stimmberechtigten das Nachrichtendienstgesetz (NDG) mit 65,5 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Es soll voraussichtlich am 1. September 2017 in Kraft treten. Mit dem revidierten Gesetz wurde auch eine Erneuerung des Verordnungsrechts nötig.

Einige Tage nach Ablauf der Vernehmlassung melden sich nun die Geheimdienskontroleure von der  Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) zu Wort: Es gebe verschiedene Bereiche, die nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprächen, sagte GPDel-Präsident und Ständerat Alex Kuprecht (SVP/SZ) gegenüber der SRF.

Kritik am Vorgehen der Regierung

Neun Punkte widersprächen übergeordneten Gesetzen. Die GPDel habe Verteidigungsminister Guy Parmelin in einem Brief Änderungsvorschläge gemacht, sagte Kuprecht. Zum Inhalt der kritisierten Punkte und den Vorschlägen wollte sich Kuprecht auf Anfrage nicht äussern.

Für das Verhalten des Bundesrats findet SVP-Mann Kuprecht deutliche Worte. «Wir hatten den Eindruck, dass versucht wurde, gewisse Sachen auf dem Verordnungsweg reinzuschmuggeln.» Auch CVP-Nationalärin Ida Glanzmann ist laut SRF vom Vorgehen der Regierung konsterniert: «Ich staune, dass der Bundesrat den Willen des Parlaments mit der Verordnung derart hintergeht.» Sie versteht etwa nicht, dass jetzt ausländische Nachrichtendienste den Auftrag erhalten können, in der Schweiz zu recherchieren. «Das war nie unsere Absicht.»

SP und Grüne fordern «ersatzlose Streichung»

Für die Organisation grundrechte.ch regelt der vorliegende Entwurf «unzulässigerweise Gegenstände, welche im NDG nicht vorgesehen sind». So soll zum Beispiel die 50-jährige Schutzfrist für Archivgut des NDB und seiner Vorgängerorganisationen um 30 Jahre verlängert werden. Die Verlängerung gelte für alle NDB-Akten, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung im Bundesarchiv befinden. Darüber berichtete die Sendung «Heute Morgen».

SP und Grüne fordern in ihren Stellungsnahmen die «ersatzlose Streichung» des Absatzes über die Verlängerung der Schutzfrist, weil er im Widerspruch zum Nachrichtendienstgesetz stehe. Die Verlängerung im Rahmen einer Verordnung auf 80 Jahre wäre willkürlich und widerspreche ausserdem dem Willen des Gesetzgebers, schreibt die SP.

Auf Kritik stösst auch der Artikel über das Löschen von Daten. Gemäss der Verordnung müsste der NDB nur die bei den kantonalen Vollzugsbehörden angefallenen Daten dem Bundesarchiv zur Archivierung anbieten.

Die SP verlangt stattdessen, dass der NDB dem Bundesarchiv sämtliche Daten anbieten muss. Denn «aus rechtsstaatlichen Gründen ist es entscheidend, dass das Handeln des NDB» gemäss Archivgesetz überprüft werden könne.

Nicht im Sinne des Gesetzgebers

Selbst bei der so genannten Kabelaufklärung geht der Bundesrat laut der SRF-Sendung «Rendez-vous» möglicherweise zu weit. Der Schweizerischen Verband der Telekommunikation (Asut) Sieht in der Verordnung einen klaren Gesetzesverstoss. Diese sehe vor, dass der Bund laufend Zugriff auf die Kabel der Telekommunikationsunternehmen und damit Einsicht in die Signale habe, bemängelt der Verband. Das sei klar nicht im Sinne des Gesetzgebers, betont Präsident Peter Grütter: «Dadurch wäre es dem Staat faktisch möglich, die Kabel selber ständig anzuzapfen.» Dafür sei seiner Meinung nach ein entsprechender gesetzlicher Auftrag «im Einzelfall nötig».

Auch für GPDel-Präsident Kuprecht ist klar, dass es keinen «dauernden flächendeckenden Zugriff auf das Kabel» geben drüfe. Das sei nicht im Sinne des Gesetzgebers. (SDA/jow)

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