Vermieter starten Gegenangriff
Jetzt müssen sich Mieter warm anziehen

Die Wohn-Initiative ist gescheitert. Der Kampf ums Mietrecht aber geht weiter. Die Vermieter wollen mehr Rendite.
Publiziert: 09.02.2020 um 20:34 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2020 um 10:01 Uhr
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Die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen« ist mit 57,1 Prozent Nein-Stimmen klar gescheitert.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Der Kampf – für nichts. Die Wohn-Initiative, für die SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (58) geweibelt hatte wie wild, wurde gestern mit 57,1 Prozent versenkt. Die Westschweiz und die Städte, die unter Wohnungsnot leiden, wurden überstimmt. Badran sprach denn auch «oberfrustriert» vom «Tiefpunkt» ihrer politischen Karriere.

Dabei geht der Kampf um die Mieten unverändert weiter. Zwar tritt nun erst mal der indirekte Gegenvorschlag in Kraft. Der Fonds de Roulement, der gemeinnützige Wohnbauträger mit zinsgünstigen, rückzahlbaren Darlehen unterstützt, wird um 250 Millionen Franken aufgestockt.

Mehr Rendite auf Kosten der Mieter

Doch schon bald könnte es für die Mieter dennoch teurer werden. Im Parlament ist ein ganzes Paket der Immobilien-Lobby hängig. Vertreter der bürgerlichen Parteien zielen dabei auf mehr Rendite ab. Heute muss sich der Vermieter an klare Grenzen halten. Diese orientieren sich am Referenzzinssatz von derzeit 1,5 Prozent. Die maximal zulässige Rendite darf diesen um 0,5 Prozent übersteigen. Die legale Höchstrendite liegt heute also bei zwei Prozent.

Neu will Olivier Feller (45), FDP-Nationalrat und Generalsekretär des Westschweizer Hauseigentümerverbands, den Aufschlag auf 2 Prozent erhöhen. So stiege die derzeit erlaubte Gesamtrendite auf 3,5 Prozent. Das heisst: Deutlich höhere Mieten würden zulässig.

Regeln für Wohnungsvergleich lockern

Allerdings: Tatsächlich liegt die Rendite laut Credit Suisse schon heute bei rund 3,4 Prozent – also höher als erlaubt. Das sind 14 Milliarden Franken, welche Mieter jedes Jahr zu viel zahlen.

Hans Egloff (60), ehemaliger SVP-Nationalrat und Präsident des Schweizer Hauseigentümerverbands, wiederum will, dass im Rechtsstreit eine Miete einfacher mit anderen Wohnungen zu vergleichen ist. Gibt es im gleichen Quartier und an ähnlicher Lage vergleichbare Wohnungen, kann der Vermieter damit hohe Mieten begründen. Statt wie bisher fünf sollen dafür neu nur noch drei vergleichbare Wohnungen nötig sein.

«Kahlschlag des Mieterschutzes»

Für den Mieterverband ist das eine Kriegserklärung. «Hier ist nichts anderes als ein Kahlschlag des Mieterschutzes geplant», sagt Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli (47) vom Mieterverband. Das Argument, dass von flexibleren Regeln auch die Mieter profitierten, lässt er nicht gelten: «Damit sollen missbräuchliche Mieten nachträglich legalisiert werden. Man will Unrecht zu Recht machen.»

Schon jetzt plant der Mieterverband ein Referendum. «Wir müssen nun einen massiven Angriff auf das Mietrecht abwehren», sagt Generalsekretärin Natalie Imboden (49). Wie aus dem Verband zu hören ist, seien dazu sogar für die Wohn-Initiative vorgesehene Gelder aufgespart worden. Der Kampf um die Mieten geht weiter.

Alle Abstimmungen auf einen Blick

Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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