Verkehrspsychologe und Roadcross warnen
«Tempo 140 macht Unfälle schwerer und wahrscheinlicher»

Die Berner Junge SVP will in einem Pilotprojekt Tempo 140 auf Autobahnen zulassen. Verkehrspsychologen und Roadcross warnen vor schwereren Unfällen und mehr Toten.
Publiziert: 10.08.2018 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 17:15 Uhr
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In einem Pilotversuch soll die Tempolimite auf Autobahnen auf 140 km/h erhöht werden. Dies fordert die JSVP Bern.
Foto: Keystone
Cinzia Venafro

Sie wollen «schneller ans Ziel» kommen: Die Berner Junge SVP will in einem Testversuch das Tempolimit auf Autobahnen erhöhen. Die Sicherheit würde nicht darunter leiden, sind die Jungpolitiker überzeugt.

Eines ihrer Argumente: Autos seien heute viel sicherer, der technische Fortschritt lasse eine Tempo-Erhöhung zu. Seit den 1980er-Jahren darf man in der Schweiz höchstens 120 Stundenkilometer fahren.

Doch Verkehrsexperten gehen bereits jetzt auf die Barrikaden. «Der Zusammenhang zwischen Unfällen und Geschwindigkeit ist in der wissenschaftlichen Literatur klar dargestellt», sagt Matthias Pfäffli vom Institut für Rechtsmedizin der Uni Bern. Das Mitglied der Schweizerischen Vereinigung für Verkehrspsychologie betont: «Je höher die Geschwindigkeit, desto wahrscheinlicher und dann schwerer sind Unfälle.»

Damit erübrige sich auch das Argument der jungen SVPler, dass «sowieso schon viele» 130 oder 140 km/h fahren.» Pfäffli dazu: «Die Sicherheit muss im Strassenverkehr im Interesse aller Vorrang haben.»

Roadcross-Sprecher: «In Deutschland sterben mehr Menschen auf der Autobahn»

Die Berner Junge SVP argumentiert, dass Tempo 140 die Sicherheit erhöhe, «da sich viele Leute bei höheren Tempolimiten auch aufmerksamer und konzentrierter verhalten», so ihr Co-Präsident Adrian Spahr (28). Darüber kann Stefan Krähenbühl, Mediensprecher der Stiftung Roadcross, nur den Kopf schütteln. 

«Das Argument ist sehr gesucht. Wer sich bei 120 Stundenkilometern nicht auf den Verkehr konzentrieren kann, soll sein Fahrzeug zum Wohle der anderen Auto- und Töfffahrer lieber in der Garage stehen lassen», sagt Krähenbühl.

Es sei zu befürchten, dass mit Tempo 140 die Zahl der Verkehrsunfälle zunehmen würde. «Mal davon abgesehen, dass eine höhere Höchstgeschwindigkeit sich negativ auf den Verkehrsfluss auswirkt, sind die grösseren Tempounterschiede, beispielsweise zu LKW, und die längeren Bremswege generell unfallfördernd.»

Neidisch blicken die Nachwuchspolitiker der SVP nach Deutschland. Dort gilt auf Autobahnen keine allgemeine Tempolimite. Auch dieses Argument entrüstet Roadcross-Sprecher Krähenbühl. Er betont: «In Deutschland wird nicht nur schneller gefahren als hierzulande, statistisch sterben auf deutschen Autobahnen pro gefahrenen Kilometer auch deutlich mehr Menschen als in der Schweiz.»

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