Im Spionage-Krimi um den in Frankfurt (D) verhafteten Daniel M.* rückt die Bundesanwaltschaft (BA) in den Fokus. Denn gemäss Haftbefehl wurden die deutschen Strafverfolger durch BA-Protokolle auf den Schweizer Spion aufmerksam. Die BA hatte 2015 ein Strafverfahren gegen M. eingeleitet. Er soll Kundendaten von Schweizer Banken gestohlen haben.
Die BA verdankte M. einiges
In Vernehmungen sagte der 54-Jährige aber auch, dass er für den Schweizer Geheimdienst NDB tätig sei. Wie man heute weiss, arbeitete M. in dieser Funktion indirekt für die BA. Die drei Haftbefehle gegen deutsche Steuerfahnder, die Bundesanwalt Michael Lauber kurz nach seinem Amtsantritt 2012 erlassen konnte, waren auf M.s Ermittlungen zurückzuführen.
Obwohl der Spion in diesem Fall für den Bund tätig war, konnte die BA den Datenklau in der Schweiz, an dem er beteiligt gewesen sein soll, nicht auf sich beruhen lassen. 2016 weitete sie die Ermittlungen gar noch aus: auf die Deutschen Werner M. und Wilhelm D., zwei Ex-Spione des deutschen Geheimdienstes BND. Sie sollen M. beauftragt haben, die Bankdaten zu beschaffen.
Die Deutschen erhielten Akteneinsicht
Hier nahm das Unglück seinen Lauf. Als Beschuldigte hatten Werner M. und Wilhelm D. das Recht auf Akteneinsicht. So gelangten die Vernehmungsprotokolle an sie – und anschliessend an die deutschen Strafverfolger. Denn Werner M. muss sich derzeit wegen Steuerhinterziehung in Bochum vor Gericht verantworten.
Bei einer Hausdurchsuchung, mutmasslich in diesem Verfahren, fand die Staatsanwaltschaft Bochum das brisante Protokoll aus den Berner Ermittlungen und leitete es an die Generalbundesanwaltschaft weiter. Die heftete sich an M.s Fersen, bis die Falle letzte Woche zuschnappte.
«Warum wurde nicht geschwärzt?»
M.s Schweizer Verteidiger Valentin Landmann macht der BA daher Vorwürfe. «Die Passagen zur NDB-Mitarbeit meines Mandanten hätten vor Herausgabe unbedingt geschwärzt werden müssen», sagt er. «Stattdessen haben sie ihn einfach den Deutschen ausgeliefert.»
Die BA wehrt sich. «Die Voraussetzungen zur Einschränkung der Akteneinsicht waren im vorliegenden Verfahren nicht gegeben», schreibt sie auf Anfrage von BLICK. Auch Experten für Strafprozessrecht wenden ein, dass eine Schwärzung nicht immer möglich sei. Dass M. für den NDB unterwegs war, hätte für die Verteidiger von Werner M. und Wilhelm D. durchaus nützlich sein können.