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Verbote, Platzgelder, Schikane – Zirkus-Chef Rolf Stey klagt an
«Die Städte töten die kleinen Zirkusse»

Zirkusse kämpfen ums Überleben. Und nun legen ihnen auch die Gemeinden Steine in den Weg. In ganz Schaffhausen darf der Schweizer Traditionszirkus Stey nur fünf Plakate aufhängen. Das Resultat ist ein leeres Zirkuszelt. Nun klagt Seniorchef Rolf Stey die Städte an.
Publiziert: 07.09.2019 um 17:13 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2019 um 17:17 Uhr
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Clown Pepintin hat derzeit nichts zu lachen.
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Clown Pepintin hat nichts zu lachen. Seitdem der Zirkus Stey, bei dem er angestellt ist, in Schaffhausen gastiert, spielt er vor leeren Rängen. «Normalerweise haben wir hier in Schaffhausen eine Auslastung von 80 bis 90 Prozent», sagt Seniorchef Rolf Stey (74). «Dieses Jahr sind es nur 25 Prozent.»

Dabei herrsche geradezu ideales Zirkuswetter. Für Stey ist aber klar, wer schuld ist am leeren Zelt: die Stadt Schaffhausen. Denn der Zirkus Stey durfte in der gesamten Stadt mit ihren 35'000 Einwohnern nur ganze fünf Plakate aufhängen.

Selbst am Familientag blieb das Zelt leer

Stey ist sauer. Am Donnerstag etwa führte der Zirkus Stey den traditionellen Familientag durch – mit attraktiven Rabatten für Gross und Klein. Doch die Sitze blieben leer. «Kein Wunder», sagt Stey. «Die Leute wissen gar nicht, dass wir gastieren.»

Schaffhausen sei ein Extrembeispiel, sagt er. Aber kein Einzelfall: «Immer mehr Gemeinden machen uns kleinen Zirkussen das Leben schwer.» Stey muss es wissen, als Präsident des Schweizerischen Zirkusverbands hat er Kontakt zu allen anderen Zirkusunternehmen. Früher hätten die Zirkusse Paraden durch die Dörfer gemacht, Flyer verteilt und ihre Plakate an Gartenzäunen aufgehängt – wenn die Besitzer einverstanden waren. «Heute ist das alles verboten. Die Platzgelder hingegen steigen und und steigen», klagt Stey.

Ein Stück Schweizer Kultur auf der Kippe

Dabei haben es die Zirkuskünstler ohnehin schon schwer – die Unterhaltungskonkurrenz ist grösser geworden, Zirkus war schon beliebter. Und nun legen ihnen auch noch die Behörden Steine in den Weg.

Erst im Juli hatte der Zirkus Nock – immerhin der älteste Zirkus der Schweiz – das Geschäft aufgegeben. Als Grund nannte die Familie die teuren Standplätze und behördlichen Auflagen. Man komme sich höchstens noch geduldet vor. Früher hätten sich Gemeinden und Städte noch gefreut, wenn ein Zirkus seine Zelte aufgeschlagen habe.

Stey klagt an: «Die Städte töten die kleinen Zirkusse, denn Geld verdienen können wir so nicht mehr.» Und fragt: «Will man denn wirklich, dass es nur noch den Circus Knie gibt?» Dabei steht auch der Schweizer Nationalzirkus unter enormem Kostendruck. Das neue Zelt musste per Crowdfunding finanziert werden.

Stey fragt sich: Wer soll noch in die kleinen Dörfer gehen, die grosse Zirkusse aus logistischen Gründen gar nicht anfahren können? Für ihn ist klar: «Mit dem Zirkus stirbt ein Stück Schweizer Kultur.»

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