Am Tag danach leckte sie ihre Wunden: die bürgerliche Allianz von SVP, CVP und FDP, die als «Top 5» in die Stadtzürcher Regierung wollte.
Warum ist das bürgerliches Bündnis rund um FDP-Mann Filippo Leutenegger (65) – der nicht Stapi wurde aber als Stadtrat wiedergewählt wurde – gescheitert?
Severin Pflüger (39), Stadtzürcher FDP-Präsident, schiebt den Schwarzen Peter weiter an jene, die es im Gegensatz zur FDP (zwei Sitze verteidigt) erst gar nicht in die Regierung schafften. «CVP-Wähler und SVP-Wähler haben ihre jeweiligen Parteien im Stich gelassen.» Selbstkritik? Gibt es auch, irgendwie: «Der FDP ist es nicht gelungen, ihre bürgerlichen Partner zu stärken.»
Bei der SVP will man aus dem Debakel Lehren ziehen. Mit anderen Wahlkampf zu betreiben, sei falsch gewesen, sagt SVP-Präsident Mauro Tuena (45). Das Experiment «Top 5» sei gescheitert. «Unsere Wähler goutieren es nicht, wenn die SVP in der Stadt Zürich Allianzen mit anderen eingeht.»
FDP und SVP geben den Schwarzen Peter weiter
Doch auch er schiebt den Schwarzen Peter weiter. «Ein Teil der CVP- und FDP-Wähler haben uns im Stich gelassen, sonst wären unsere Kandidaten jetzt in der Regierung.» Die SVP-Stammwählerschaft sei eben «schlicht nicht an die Urne».
Hat die bürgerliche Allianz, die sich pathetisch «Top 5» nannte und ein Löwenkopf-Logo kreierte, auf die falschen Themen gesetzt? «Nein, nur weil wir nicht ständig Velo, Velo, Velo schreien, heisst das nicht, dass wir nur Parkplätze, Parkplätze, Parkplätze rufen», sagt FDP-Pflüger. Der Anwalt spielt damit auf den emotionalen Streit der Zürcher um mehr Velowege (die Linken) und mehr Parkplätze (die Bürgerlichen) an.
Die Zürcher Gretchenfrage: Wie hältst du es mit Velos und Wohnungen?
Warum ist Links-Grün denn derart stark in der Stadt Zürich? «Die Linke betreibt sehr gekonnte Klientelpolitik», ist Pflüger überzeugt. «Die Richtigen bekommen Wohnungen, man schaut für die Anliegen der eigenen Leute. Und diese lassen sich dann sehr breit mobilisieren.»
Ins gleiche Horn bläst auch SVP-Gemeinderat und Nationalrat Mauro Tuena (45). «Zudem wandern viele bürgerliche Leute aus der Stadt aufs Land aus. In die Stadt kommen jene, die von der linksgrünen Politik leben. Auch darum werden die Schweizer Städte immer linker», sagt er.
Bürgerliche hoffen auf Flügelkämpfe bei den Linken
Doch nach dem Wundenlecken ist vor dem Oppositions-Kurs: «Die Linke wird nun wohl ganz viel Energie für den Flügelkampf zwischen den gemässigten und denen, die den Kapitalismus abschaffen wollen, verbrauchen», sagt Pflüger. «Das ist unser Silberstreifen am Horizont.»
Bei der SP ist man derweil am Tag danach noch immer euphorisiert. «Es ist ein Wahltriumph. Wir haben vier Jahre die richtige Politik gemacht», sagt SP-Zürich-Präsidentin Gabriela Rothenfluh. «Die Zürcher wollen beispielsweise nicht noch mehr Parkplätze und weniger Velowege und leiden unter den explodierenden Mieten. Genau dort helfen wir den Menschen.»