Mon Dieu, ist das aufregend. Ein französischer Präsident in der Schweiz auf Staatsbesuch – darauf haben wir 17 Jahre lang gewartet!
Als François Hollande dann am Nachmittag über den Münsterplatz in Bern schritt, schlotterten selbst unseren strammen Soldaten die Knie. Einen hat der Auftritt ganz besonders mitgenommen. Hat er deswegen seine Haltung verloren? Wie ein Schweizer Qualitätssackmesser ist er zusammengeklappt.
«Dem Soldaten geht es gut»
Ein anderer Soldat beugt sich zu ihm runter, schaut, ob es dem Kameraden gut geht. Dann eilen mehrere andere Soldaten, die nicht in Reih und Glied stehen, zum Kollegen und helfen ihm auf.
«Dem Soldaten geht es gut», sagt VBS-Sprecherin Karin Suini zu Blick.ch. «Er war schon nach wenigen Minuten wieder wohlauf. Es hat gereicht, dass er sich im Schatten ausruhte und etwas trank.»
Doch was ist passiert? Wieso kippte der junge Mann einfach um? «Er hatte einen Schwächeanfall», sagt Suini. «Grund war das lange, ungewohnte Stehen, die Hitze und die Aufregung.»
«Soldaten haben alles richtig gemacht»
Die umstehenden Soldaten hätten denn auch alles richtig gemacht. «Die müssen stehen bleiben», sagt Suini.
Hollande hat von alledem nichts mitgekriegt. Er hatte nur Augen für die chic gekleidete Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. Das Verhältnis in jüngerer Vergangenheit sei von Spannungen geprägt gewesen und «zeitweise ein wenig unterkühlt». Hollandes Besuch könne aber «die Ouverture für eine neue Phase der französisch-schweizerischen Beziehungen sein - eine Phase, die durch Vertrauen, Freundschaftlichkeit und Herzlichkeit geprägt sein soll».
Am Flughafen Bern-Belp hiess sie ihn willkommen. Die Bundespräsidentin sprach auch das Thema an, das beim zweitägigen Besuch Hollandes wohl am meisten zu diskutieren geben dürfte: Die Masseneinwanderungsinitiative und die Stellung der Schweiz in Europa.
Mit der Abstimmung habe das Volk entschieden, dass die Schweiz die Zuwanderung eigenständig steuern solle. Es habe damit «ein Fragezeichen gesetzt hinter die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU». Es herrsche seither in der Schweiz eine «unangenehme Unsicherheit».
Die Ausgangslage sei nun sehr schwierig, so Sommaruga: Die Schweiz sei an die neue Verfassungsbestimmung gebunden; für Europa sei die Personenfreizügigkeit unverzichtbar. Sie warnte Präsident Hollande schon mal vor, er werde «wohl einige Male zu hören bekommen, wie sehr dieses Thema unser Land derzeit bewegt».
Nach dem militärischen Ehrenempfang auf dem Münsterplatz durften dann auch die anderen Bundesräte Grüezi sagen.
Mit Johann Schneider-Ammann, Doris Leuthard, Eveline Widmer-Schlumpf und Didier Burkhalter treffen sich der Ehrengast und seine Delegation dann noch zu offiziellen Gesprächen.
Zu Hollandes Entourage gehören Arbeitsminister François Rebsamen Umweltministerin (und Ex) Ségolène Royal und Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem. Die Schweiz teile die «europäischen Werte und Projekte», aber auf unabhängige Art und Weise, sagte Hollande in seiner offiziellen Ansprache vor dem Gesamtbundesrat und mehreren französischen Regierungsmitgliedern. «Ich akzeptiere diese Wahl», so Hollande.
Die Periode des Steuerstreits sei seiner Meinung nach abgeschlossen; er beabsichtige nun, die Beziehungen beider Länder zu intensivieren. Frankreich möchte beispielsweise mit der Schweiz bei der Nutzung des Flusswassers der Rhone zusammenarbeiten. Dieses sei wichtig für die Kühlung mehrerer AKW in Südfrankreich. (kab/mad/sda)