Der Krieg läuft nicht so, wie es sich Wladimir Putin (69) ausgemalt hat. Längst ist der Überfall auf die Ukraine ins Stocken geraten. Vor Kiew wurde die russische Armee besiegt, westliche Beobachter gehen von hohen Verlusten aus. 15'000 russische Soldaten seien seit Beginn der Invasion gefallen, sagte britische Verteidigungsminister Ben Wallace (51) Anfang Woche im Unterhaus. Weiter hätten die ukrainischen Streitkräfte 2000 gepanzerte Fahrzeuge zerstört oder erbeutet und 60 russische Flugzeuge und Helikopter abgeschossen.
Auch im Donbass, im Osten der Ukraine, versuchen sich die russischen Truppen bislang ohne durchschlagenden Erfolg an einer Offensive. Der Militärexperte Phillips O’Brien (58), der an der schottischen Universität St. Andrews lehrt und früh auf Schwierigkeiten von Putins Armee hinwies, schrieb gestern auf Twitter, es habe den Anschein, dass sich die Schlacht um den Donbass zum Abnutzungskrieg entwickle. Dabei hätten die Russen wenig Aussicht auf einen grösseren Erfolg, so O’Brien.
Derweil bekräftigen die Amerikaner ihren Willen, die Ukrainer weiter mit Waffen zu versorgen. Sogar der deutsche Bundestag rang sich am Donnerstag mit grosser Mehrheit dazu durch, schweres Gerät nach Osten zu schicken.
Putin unbeirrt
Der Angreifer gibt sich unbeeindruckt und droht: «Wenn jemand noch erwägt, sich von aussen einzumischen, und wenn dies für Russland zu strategisch betrachtet inakzeptablen Bedrohungen führt, dann werden wir blitzartig Vergeltungsschläge durchführen. Wir haben alle dafür notwendigen Instrumente», sagte Putin am Mittwoch in der Duma. Nun spekulieren Beobachter, welche «Instrumente» er meint.
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) schreibt in einer vertraulichen Analyse, die Aussagen würden als erneute Drohung mit Nuklearwaffen verstanden. Möglich sei aber auch der Einsatz einer hoch modernen Waffe: «Eine weitere plausible Erklärung könnte allerdings sein, dass Putin damit den Einsatz des Lasers Peresvet gemeint hat», so der NDB in seinem Papier. Der Laser gehöre «zu den sechs sogenannten Wunderwaffen Putins», heisst es weiter. Ein Prestigeprojekt der Russen also, auf das sich der Autokrat im Kreml einiges einbildet.
Viel ist nicht über den Peresvet bekannt, der nach einem russischen Kampfmönch aus dem 14. Jahrhundert benannt ist. Seit Putin vor vier Jahren die Indienststellung moderner Laserwaffen verkündete, rätseln Experten über ihre Verwendung. Vermutet wird, sie könnten Drohnen und Satelliten beschädigen oder gar zerstören. Dass es einen derartigen Einsatz bereits gegeben hätte, ist allerdings nicht bekannt.
US-Satelliten gefährdet
In erster Linie dürfte Peresvet dazu verwendet werden, die Position von Einheiten zu verschleiern. Man gehe davon aus, schreibt der NDB, dass der Laser primär dazu dient, «die Entdeckung mobiler Einheiten der strategischen Raketentruppen im Feld mittels Satelliten des Gegners zu unterbinden».
Das ist nicht zuletzt deshalb gefährlich, weil damit plötzlich US-Satelliten ins Fadenkreuz der Russen geraten, deren Aufnahmen die USA dem ukrainischen Militär zur Verfügung stellen.
«Ob Peresvet Sensoren von Satelliten nur temporär blenden oder gar beschädigen kann, ist unklar», heisst es im Bericht. «Im letzteren Fall könnten damit die weltraumgestützten Einsatzmittel der USA, die zur Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Russland eingesetzt werden, ‹blitzschnell› beeinträchtigt bzw. beschädigt werden.»
Sollten die Russen mit Peresvet tatsächlich Satelliten attackieren, nähmen die Spannungen zwischen den beiden Staaten nochmals zu.