US-Botschafterin motzt über die Schweiz
«Auf Schweizer Skipisten herrscht Chaos»

Diplomatie sieht anders aus. US-Botschafterin Suzi LeVine (42) lästert auf Facebook über Schweizer Skilifte.
Publiziert: 03.01.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:11 Uhr
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Seit Sommer Barack Obamas Gesandte in Bern: Botschafterin Suzi LeVine.
Foto: RDB
Von Peter Hossli, Marcel W. Perren und Matthias Halbeis

Diplomatie ist eine stille Kunst. Schweigen bringt oft mehr als Schwatzen.

Undiplomatisch laut polterte gestern die höchste amerikanische Diplomatin in der Schweiz: «Chaos» und «Ineffizienz» herrschten an Schweizer Ski­liften, schrieb US-Botschafterin Suzi LeVine (42) auf Facebook. Wohl weil sie beim Skifahren in Adelboden BE etwas anstehen musste. «Ich versuche das Chaos vor Skiliften in Schweizer Skigebieten zu verstehen», schrieb die Diplomatin und bat um Aufklärung. Und verletzte damit die diplomatische Etikette. Botschafter berichten ihren Regierungen über ihr Gastland – in geheimen Depeschen. Selten aber rüffeln sie öffentlich.

Skilift-Betrieb sei ineffizient

Einen «grossartigen Tag» habe sie in Adelboden erlebt, so LeVine. «Aber ich war sehr verdutzt über das Gedränge vor den Liften.» Es sei ineffizient, wie viele Plätze auf Sesseln frei blieben. Via Twitter rief sie dazu auf, Liftbetreiber zu benoten. «Menschen auf der Welt, könnt ihr eure Erlebnisse am Skilift teilen? Gut, schlecht, gleichgültig?»

Als wollte sie Kritik an der Schweiz sammeln. Was einem Affront gleichkommt. Seit Jahren kritisieren die USA die Schweiz. Wegen nachrichtenloser Vermögen. Wegen Beihilfe zum Steuerbetrug. Mit Milliarden von Dollar mussten Schweizer Banken büssen. Nun geisselt die US-Gesandte eine weitere Stütze der hiesigen Wirtschaft – den Wintertourismus. Nicht nur das Berner Oberland greift sie an, sie schreibt unisono von den «Schweizer Skigebieten».

Bereits reagiert hat Schweiz-Tourismus-Direktor Jürg Schmid. «Ich habe der Botschafterin geantwortet und ihr geraten, ein endgültiges Fazit über die Organisation in den Schweizer Skigebieten erst Ende der Saison zu ziehen.» Denn: «Im Gegensatz zu den USA, wo eine Tageskarte bis 50 Prozent mehr kostet, ist Skifahren in der Schweiz nicht elitär. Alles fährt hier Ski!» Die Verhältnisse in der Schweiz und den USA seien nicht vergleichbar, sagt auch Ex-Abfahrtsweltmeister und Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann (45). «Bei der Schlacht von Morgarten hatten wir gerade wegen unserer Undiszipliniertheit doch Erfolg.»

Der Sprecher von Seilbahnen Schweiz lobt die Skilifte. «Die Bergbahninfrastruktur in der Schweiz zählt sowohl punkto Sicherheit als auch Komfort und Beförderungskapazität weltweit zu den besten», sagt Andreas Keller. An Spitzentagen müsse man halt etwas Geduld üben.

LeVine könnte Schwierigkeiten bekommen

Als EDA-Diplomatin hätte LeVine jetzt Probleme mit ihrem Chef. Schweizer Botschaftern ist es untersagt, «persönliche Meinungen, Stellungnahmen und Spekulationen» zu publizieren. Alle Social-Media-Inhalte müssen «der offiziellen Haltung der Schweiz» entsprechen.

Eine klassische Diplomatin ist LeVine nicht. Wie die meisten US-Botschafter in Bern erhielt sie ihren Posten als Geschenk vom US-Präsidenten. Sie sammelte Millionen für Barack Obamas Wahlkampf. Und residiert deshalb seit Sommer in Bern.

Häufig twittert sie, postet auf Facebook. Und vermischt dabei Privates und Politisches. Wer ihr folgt, weiss: Sie hat einen Pudel, sie bläst ins Alphorn, ihre Tochter fährt auf dem Bundesplatz Schlittschuh. Das birgt die Gefahr, Unbedachtes zu publizieren. Etwa einen Rundumschlag gegen Skilifte.

Sie war gewarnt. «Amerikanische Lockerheit wird in anderen Ländern oft als unhöflich verstanden», heisst es in den Leitlinien des US-Aussenministeriums. Ein Fehltritt werde rasch als «persönliche oder nationale Beleidigung» ausgelegt. Für Botschafter gelte daher: «Es gibt kaum private Momente.»

LeVine sagt zu BLICK nicht, ob die Skiliftkritik einer US-Botschafterin angemessen sei. Aber: «Social Media eignet sich sowohl für seriöse wie soziale Begegnungen.» Sie erlebe die Schweiz als «sehr gut organisiert». Sie wollte einfach wissen, warum Skilifte hier anders organisiert seien als in Amerika. «Ich habe einige exzellente Tipps erhalten.»

Ob Obama sie deshalb nach Bern entsandt hat?

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