Unzufriedenheit über CVP-Kandidaten wächst
Geheimplan Pfister

Die CVP hat als einzige Bundesratspartei nur einen Sitz in der Regierung. Umso wichtiger ist, dass sie im Bundesrat eine gute Vertretung hat. Das ist nach der Absage gewichtiger Papabili nicht garantiert. Jetzt machen sich CVPler an den Plan Pfister.
Publiziert: 18.10.2018 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 24.10.2018 um 17:08 Uhr
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Der Zuger Ständerat Peter Hegglin ist der einzige CVPler, der bisher die Nachfolge von Doris Leuthard antreten will. Doch seine Kandidatur vermag im Bundeshaus nicht zu überzeugen.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

CVP-Chef Gerhard Pfister (56) nahm sich als Erster aus dem Rennen um einen Bundesratssitz. Er stehe nicht zur Verfügung, sagte er schon Anfang Mai. Nun ist er Mitglied der Findungskommission für die Nachfolge von Doris Leuthard (55). Doch weil ein CVPler nach dem anderen abwinkt, wird das Undenkbare nun plötzlich denkbar.

Nachdem sich gestern der Appenzeller Daniel Fässler (58) aus dem Rennen genommen hat, hat heute auch Erich Ettlin (56) seinen Verzicht erklärt. Jetzt machen sich Parteimitglieder Sorgen um die Qualität der verbleibenden Kandidaten. Eine Kandidatur Pfisters wird deshalb wieder zur Option.

Nur noch drei Papabili

Unter den verbleibenden Kandidaten für den CVP-Bundesratssitz haben nur die Walliser Vizefraktionschefin Viola Amherd (56), die Baselbieter Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (54) und der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof (59) noch Chancen aufs Ticket.

Schneider-Schneiter wird heute bekannt geben, ob sie ins Rennen steigen will. Amherd liegt wegen eines schmerzhaften Nierensteins im Spital und muss wohl unters Messer. Dem Vernehmen nach wird sie erst kommende Woche sagen, ob sie antritt oder nicht. Auch Bischof entscheidet sich frühestens am Montag.

Hegglin hat seinen Einstand vermasselt

Damit ist, Stand heute, einzig Ständerat Peter Hegglin (57, ZG) Bundesratskandidat der CVP. Er wurde gestern von der Zuger CVP offiziell nominiert. Weil Hegglin seine Kandidatur jedoch so offensiv lancierte, als sei er bereits gewählt, und weil er sogar schon Anspruch auf das Finanzdepartement erhob, fragen sich Parteikollegen, ob er das notwendige Format für das Amt mitbringt.

Selbst CVP-Ständeratskollegen sollen sich von Hegglin abgewandt haben. Seine Kandidaturankündigung sei ein Paradebeispiel dafür, wie man es in der Schweiz nicht mache, heisst es. So werde man vielleicht Regierungsrat in Zug – aber Bundesrat?

Auch Amherd hat zu kämpfen

Noch vor zwei Wochen habe Hegglin bei einer Zweierkandidatur mit Viola Amherd als Favorit gegolten, meint ein Parteistratege. Seit der misslungenen Kandidaturankündigung seien die Rollen vertauscht. 

Doch Amherd ist vielen innerhalb und ausserhalb der CVP zu links. Wenn nun die Vizechefin der Bundeshausfraktion zusammen mit Hegglin antrete, sei das keine Idealpaarung, meinen Parteimitglieder. Und: Weder hinter Hegglin noch hinter Amherd stehe man geschlossen.

«Wir hätten ja einen Fähigen»

Damit wird das Personalproblem der CVP offensichtlich: So viel Prestige wie FDP-Favoritin Karin Keller-Sutter (54) bringt keiner der Genannten mit. Ein Fraktionsmitglied ging gestern deshalb in die Offensive: «Reden wir Klartext, Stand jetzt haben wir nur einen angeschlagenen Kandidaten. Dabei hätten wir ja einen fähigen Mann – Gerhard Pfister.»

Andere meinen, dass man zwar mit Bischof, Amherd, Schneider-Schneiter und allenfalls Hegglin leben könnte. Aber eigentlich brauche die CVP als einzige Bundesratspartei mit nur einem Sitz eine richtig gute Vertretung in der Regierung. Jemanden mit den Führungsqualitäten Leuthards.

Auch ausserhalb der Partei wäre Pfister der Wunschkandidat

Auch in den anderen bürgerlichen Parteien ist man von der sich abzeichnenden Auswahl nicht angetan: Die eher linke Viola Amherd ist ohnehin ein rotes Tuch, auch mit dem rechten Hegglin bekunden viele Mühe. Schneider-Schneiter wiederum ist ihnen zu leichtgewichtig, Bischof zu unberechenbar. Vor allem aber ist schon lange klar, dass sie gern Gerhard Pfister (56) als CVP-Vertreter im Bundesrat sähen.

Daher wälzt man in der CVP nun den «Plan Pfister». Doch wie könnte man ihn doch noch aufs Ticket bringen? Oder ihn am Wahltag zum wilden, aber valablen Kandidaten machen?

Gedankenspiele für den 5. Dezember

Ein Weg wäre es, parteiübergreifend derart viele Pfister-Stimmen für die ersten Wahlgänge vom 5. Dezember zu besorgen, dass dieser im Rennen um den Leuthard-Sitz bleibt.

Nur: Pfister müsste sicher sein, dass er am Schluss tatsächlich gewählt wird. Sonst würde er nach dem ersten oder zweiten Wahlgang vor der Bundesversammlung erklären, er stünde nicht zur Verfügung. Doch eine Garantie ist schwierig zu erhalten, wenn Amherd ins Rennen steigt. Denn FDP-Frauen signalisieren Unterstützung für sie.

Andererseits: Sind SVP und die FDP-Männer geschlossen für Pfister, kommt er auf 112 Stimmen. Vom Bundesratsamt trennt ihn dann nur noch gut ein Viertel der Stimmen der 40-köpfigen CVP im Parlament. «Mit der Unterstützung der SVP könnte Pfister weitgehend rechnen», kommentiert SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner (64) vielsagend.

Pfister war gestern Abend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Ohne Ticket in den Bundesrat

Es kommt gar nicht so selten vor, dass jemand in den Bundesrat gewählt wird, der gar nicht offiziell nominiert war. Das prominenteste Beispiel ist Eveline Widmer-Schlumpf (62), die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion 2007 Christoph Blocher (78) aus dem Amt drängte – und samt der Bündner Sektion prompt aus der SVP ausgeschlossen wurde.

Doch die Tradition ist viel älter. Just am 5. Dezember 1973 – auf den Tag genau 45 Jahre vor der nächsten Bundesratswahl – wurden gleich drei wilde Kandidaten ins Amt gehievt: Willi Ritschard (1918–1983, SP), Hans Hürlimann (1918–1994, CVP) und Georges-André Chevallaz (1915–2002, FDP). Alle offiziell Nominierten gingen leer aus.

Im Laufe der Zeit waren schon alle Bundesratsparteien von der Nichtwahl eines ihrer Kandidaten betroffen. SP und FDP je viermal, die SVP zweimal. Die CVP traf es dreimal, zuletzt 2003, als sich Christoph Blocher den Sitz von Ruth Metzler (54) ergatterte.

Allerdings: Wilde Kandidaten haben es einfacher, wenn die Fraktion nur eine einzige Person offiziell zur Wahl stellt. Einertickets sind daher rar geworden: Letztmals wagte es die CVP mit der nun abtretenden Doris Leuthard (55) im Jahr 2006.

Es kommt gar nicht so selten vor, dass jemand in den Bundesrat gewählt wird, der gar nicht offiziell nominiert war. Das prominenteste Beispiel ist Eveline Widmer-Schlumpf (62), die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion 2007 Christoph Blocher (78) aus dem Amt drängte – und samt der Bündner Sektion prompt aus der SVP ausgeschlossen wurde.

Doch die Tradition ist viel älter. Just am 5. Dezember 1973 – auf den Tag genau 45 Jahre vor der nächsten Bundesratswahl – wurden gleich drei wilde Kandidaten ins Amt gehievt: Willi Ritschard (1918–1983, SP), Hans Hürlimann (1918–1994, CVP) und Georges-André Chevallaz (1915–2002, FDP). Alle offiziell Nominierten gingen leer aus.

Im Laufe der Zeit waren schon alle Bundesratsparteien von der Nichtwahl eines ihrer Kandidaten betroffen. SP und FDP je viermal, die SVP zweimal. Die CVP traf es dreimal, zuletzt 2003, als sich Christoph Blocher den Sitz von Ruth Metzler (54) ergatterte.

Allerdings: Wilde Kandidaten haben es einfacher, wenn die Fraktion nur eine einzige Person offiziell zur Wahl stellt. Einertickets sind daher rar geworden: Letztmals wagte es die CVP mit der nun abtretenden Doris Leuthard (55) im Jahr 2006.

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