Heute Montag hat in Bern die Frühlingssession begonnen. Geht es aber um den Postauto-Bschiss, mögen in Bundesbern keine Frühlingsgefühle aufkommen. Vielmehr müssen sich CVP-Bundesrätin Doris Leuthard (54), Post-Chefin Susanne Ruoff (60) und Post-Präsident Urs Schwaller (65) warm anziehen, um dem politischen Kälteeinbruch zu trotzen.
FDP verlangen Sonderdebatte
Der Postauto-Bschiss kommt nämlich gleich mehrfach auf die Traktandenliste. SP und FDP wollen bis am Mittwoch dringliche Interpellationen einreichen, um eine Sonderdebatte zu erzwingen. Dafür braucht es bloss 75 Unterschriften. Das dürften beide locker schaffen. Der Termin für die Post-Chropfleerete ist jedenfalls schon mal für den 14. März im Nationalrat reserviert.
Die FDP will dabei auch gleich eine Grundsatzdebatte über die staatsnahen Unternehmen anstossen. Die Freisinnigen wollen unter anderem klären, welche gesetzlichen Fesseln für Post, Swisscom und SBB noch zeitgemäss sind. Und wo die Grenzen zwischen subventionierter Grundversorgung und freiem Wettbewerb verlaufen. Vor allem müsse die Frage beantwortet werden, wie Fehlanreize beseitigt werden können, damit solche Fälle wie bei der Postauto Schweiz AG nicht mehr passieren.
SP fordert mehr Service-public-Denken
Die SP wittert derweil weitere Missstände bei der Post. Die Unregelmässigkeiten bei der Postauto AG seien «sehr schwerwiegend», sagte Fraktionschef Roger Nordmann (44, VD) in der «SonntagsZeitung». Aber es gebe noch weitere schwerwiegende Probleme bei der Post – etwa die Schliessung der Poststellen. Die SP befürchtet, dass Resultate künstlich verschlechtert wurden, um Schliessungen zu rechtfertigen.
«Der Fall Post zeigt: Das schädliche Rendite-Denken schadet einem starken Service public wie der Bereitstellung eines guten und breiten Postauto-Netzes», erklärt SP-Sprecherin Nicole Silvestri zudem gegenüber BLICK. Der Bundesrat müsse sicherstellen, «dass eine qualitativ gute, flächendeckende und für alle erschwingliche Grundversorgung der Post in allen Bereichen gesetzeskonform erbracht wird, und dass interne Kosten- und Leistungsrechnungen korrekt verbucht werden».
Bei künftigen Stellenbesetzungen des Verwaltungsratspräsidiums und der Konzernleitung müsse der Service public im Zentrum stehen und nicht das Shareholder-Value-Denken, so Silvestri.
SVP nimmt «CVP-Filz» ins Visier
Daneben sind allerlei weitere Vorstösse zum Postauto-Skandal zu erwarten. So hat auch die SVP-Fraktion einen breiten Fragenkatalog vorbereitet. Dabei nimmt sie insbesondere auch den «CVP-Filz» bei der Post ins Visier. So passt der SVP ganz und gar nicht, dass mit Post-Präsident Urs Schwaller (65) ein ehemaliger CVP-Ständerat die postinterne Untersuchung leitet. Schwaller müsse durch eine unabhängige Person ersetzt werden, findet die SVP.
SVP-Nationalrat Christian Imark (36, SO) wiederum will eine Interpellation einreichen, in welcher er die Rolle der Aufsicht näher geklärt haben will. Besonders in den Fokus nimmt er dabei die Rolle der Revisionsfirma KPMG. «Mit Buchhaltungsmanipulationen im Bereich Postauto wurden gegen 100 Millionen Franken an ungerechtfertigten Subventionen ergaunert – und die KPMG hat nie etwas bemerkt?», wundert er sich.
Auch CVP-Nationalrat Thomas Ammann (53, SG) plant laut «St. Galler Tagblatt» einen Vorstoss, in welchem er die Rolle des Bundesamts für Verkehr hinterfragt. Dabei wirft er unter anderem die Frage auf, ob die Kontrollen nicht vertieft werden müssten und eine Aufstockung des Personals angezeigt wäre.
SP-Pardini fordert 500'000-Franken-Lohndeckel
Doch auch bereits fix traktandierte Geschäfte werden den redefreudigen Politikern Gelegenheit zur Post-Debatte bieten. Am Montagabend steht im Ständerat etwa ein Vorstoss von SP-Nationalrat Corrado Pardini (52, BE) auf der Tagesordnung, der «in allen Betrieben, bei denen der Bund Haupteigner oder Mehrheitsaktionär ist», einen Lohndeckel von 500'000 Franken verlangt.
Am Donnerstag ist zudem im Nationalrat eine Motion traktandiert, die vom Bundesrat rasch eine konzeptionelle Poststellennetz-Planung sowie neue Service-public-Kriterien in der Postgesetzgebung verlangt. Auch diese Diskussion wird viel Gelegenheit zur Post-Schelte bieten.
Die Frühlingssession wird für das Trio Leuthard, Ruoff und Schwaller eisig. Mit einem Nachteil für Leuthard: Sie wird als zuständige Bundesrätin direkt im Parlament vor Ort den Kopf hinhalten müssen.