Unterstützer wenden sich ab – Gegner wetzen die Messer
Milchkuh-Initiative hat viele Metzger

Die Chancen für eine Annahme der Milchkuh-Initiative schwinden. Der Kompromissvorschlag des Ständerats, sowie die verstärkten Bemühungen des Nein-Komitees bringen die Initiative in Bedrängnis.
Publiziert: 19.03.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 07:05 Uhr
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Soll kleiner werden und bestenfalls verschwinden: Stau auf der A2 bei Amsteg.
Foto: Keystone
Nico Menzato und Ruedi Studer

Am 5. Juni kommt die Milchkuh-Initiative der Strassen-Lobby vors Volk. Bei einem Ja würden rund 1,5 Milliarden Franken aus der Mineralölsteuer neu in die Strassenkasse fliessen, statt in die allgemeine Bundeskasse. Eine Verlockung für jeden Autofahrer!

Doch diese Woche hat der Ständerat mit dem neuen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) einen Kompromissvorschlag gezimmert, mit welchem jährlich noch immer gut 800 Millionen zusätzlich in die Strasse fliessen.

Dieser Kompromiss bringt die Milchkuh-Initianten nun arg in Bedrängnis. Im bürgerlichen Lager machen sich zunehmend Absetzungstendenzen bemerkbar.

FDP-Chef Philipp Müller hat im Nationalrat noch für die Initiative gestimmt. Jetzt, als Aargauer Ständerat, sagt er zu BLICK: «Die NAF-Lösung des Ständerats ist besser. Ich werde den NAF unterstützen, aber nicht aktiv gegen die Milchkuh antreten.»

«Milchkuh hat ihre Schuldigkeit getan!»

Andere Freisinnige enthielten sich letztes Jahr noch der Stimme – und wechseln nun definitiv ins Nein-Lager. So zum Beispiel Ständerätin Karin Keller-Sutter (SG). Dank dem Druck der Initiative habe man eine mehrheitsfähige NAF-Lösung erreicht.

Deshalb macht sie nun klar: «Ich lehne die Milchkuh-Initiative ab. Sie ist für mich finanzpolitisch nicht vertretbar.» Auch Ständerat Andrea Caroni (AR) wechselt von Enthaltung zum Nein: «Die Milchkuh hat ihre Schuldigkeit getan.»

Die Bald-Parteichefs Petra Gössi (FDP) und Gerhard Pfister (CVP) wiederum, die beide im Initiativkomitee sitzen, wollen sich im Abstimmungskampf zurückhalten. «Die Initiative hat offensichtlich eine gewisse Wirkung auf den Ständerat. Das ist gut so», sagt Pfister. «Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Ständerats-Version auch im Nationalrat eine Mehrheit finden wird.»

Pfister wie auch Gössi werden beim Startschuss zur Ja-Kampagne am kommenden Montag nicht auftreten – und schicken Politiker aus der zweiten Reihe vor.

Eine Millionen im Kampf gegen Milchkuh

Die Front der Milchkuh-Gegner bekommt also kräftig Zulauf aus dem bürgerlichen Lager. Zur Freude der SP, die das überparteiliche Nein-Komitee anführt. «Dem Nein-Komitee dürften sich nun alle grossen Parteien ausser der SVP anschliessen», sagt SP-Sprecher Michael Sorg.

Hinter dem Politiker-Komitee stehen aber auch gewichtige Verbände, die sich finanziell stark engagieren werden. Wie schon bei der Abstimmung über die Bahn-Finanzierung (Fabi) werden der Verband öffentlicher Verkehr (VöV), der Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr Litra sowie der VCS bei der Nein-Kampagne kräftig mitmischen.

Die Gegner werden insgesamt über eine Million Franken aufwerfen, um die Milchkuh auf die Schlachtbank zu führen!

«Für uns ist es eine zentrale Abstimmung, deshalb engagieren wir uns auch entsprechend. Der VCS wird knapp 800’000 Franken in die Nein-Kampagne investieren», sagt VCS-Präsidentin und SP-Nationalrätin Evi Allemann (BE). Der VöV und Litra wollen jeweils 200’000 Franken investieren, wie sie auf Anfrage erklären.

Sparhammer würde die Bildung treffen

Klar ist, die Initiative will man in erster Linie mit finanzpolitischen Argumenten bodigen. «Die Milchkuh-Initiative ist ein Raubzug auf die Bundeskasse», sagt Allemann. «Muss der Bund sparen, werden ÖV-Pendler, Bauern und Schüler zur Kasse gebeten. Die Milchkuh hat also viele Metzger.»

Die Angst vor dem Sparhammer stärkt das Nein-Lager. «Wir wollen eine breite Allianz gegen die Initiative mobilisieren», sagt VöV-Direktor Ueli Stückelberger. «Mit dabei sind nicht nur die Verbände des öffentlichen Verkehrs, sondern auch der Städteverband, der Gemeindeverband, der Bauernverband oder Bildungsverbände.»

Besonders ärgerlich für die Milchkuh-Initianten ist das Nein des Bauernverbands. Bauernpräsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter (SG) erklärt das bäuerliche Nein ganz einfach: «Gemäss Angaben des Bundesrats wäre das Budget der Landwirtschaft mit bis zu 200 Millionen Franken betroffen. Eine Kürzung der Direktzahlungen in diesem Umfang ist nicht vertretbar.» Man werde die bäuerliche Bevölkerung über diese Problematik informieren, so Ritter.

Die Luft für die Milchkuh-Initiative wird immer dünner!

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