Tag der Menschenrechte
«Ein Katastrophen-Jahr»

Heute ist Human Rights Day. Viel zu feiern gibt es nicht. Demokratie und Rechtsstaat seien auf dem Rückzug, sagen Experten. Die Landeskirchen fordern ein Umdenken.
Publiziert: 10.12.2016 um 14:01 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:21 Uhr
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«Stoppt die Morde»: Ein Demonstrant protestiert in den Philippinen gegen die Todesschwadrone von Präsident Duterte, die Drogensüchtige zur Strecke bringen.
Foto: Keystone

Zum Gedenken an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde, wird am Samstag der Tag der Menschenrechte gefeiert.

Doch zu feiern gibt es nicht viel, wie der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte sagt: «2016 war ein katastrophales Jahr für die Menschenrechte», so Prinz Zeid al-Hussein. Er spricht von einem nie dagewesenen Druck auf die Menschenrechte.

Mehr Kriege, mehr Opfer

Nach einer Phase der Beruhigung um die Jahrtausendwende gibt es heute wieder mehr Kriege und Konflikte, mehr Todesopfer, mehr Flüchtlinge und eine zunehmende Zahl von Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Gemäss der Nichtregierungsorganisation Freedom House befinden sich seit zehn Jahren auch Demokratie und Rechtsstaat auf dem Rückzug. Einst demokratische Länder rutschen ab in die Kategorie der halbfreien Staaten. Und früher halbfreie Länder sind heute unfrei (siehe Grafik).

Freiheits-Index der NGO Freedom House für das Jahr 2016.
Foto: Quelle Freedom House /Ringier Infografik

Gegen den Machbarkeitswahn

Auch die Schweizer Landeskirchen nehmen den Tag zum Anlass, auf Probleme hinzuweisen. Die Globalisierung und die rasanten technologischen Entwicklungen hätten die Welt «verfügbar» gemacht, so die Diagnose des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, der Schweizer Bischofskonferenz und der Christkatholischen Kirche der Schweiz.

Satelliten- und Informationstechnologien würden jeden Winkel der Erde sichtbar machen, Biotechnologien erlauben tiefe Einblicke in das Leben selbst. Dass damit fast alles wissenschaftlich erklärbar erscheine, erfüllt die Vertreter der drei Landeskirchen mit Sorge: «Wir sind dabei, uns und unsere Umwelt restlos zu entzaubern, getrieben von der Idee, nichts mehr dem Zufall zu überlassen.»

Die Satten bestimmen über die Hungrigen

Das gelte zumindest für jene, die auf der nördlichen Erdhalbkugel leben. Den Preis dafür würden andere zahlen: «Opfer himmelschreiender Gewalt und Ungerechtigkeit, gegenüber den Folgen des Klimawandels und als Machtlosigkeit derjenigen, die nicht mitreden und entscheiden dürfen», so die Kirchenmänner.

Immer mehr würden allein Geburtsort und Herkunft würden darüber entscheiden, ob jemandem ein Leben auf der Sonnen- oder Schattenseite bevorsteht. Dadurch masse sich ein Teil der Menschheit völlig selbstverständlich an, über die Leben eines anderen Teils zu entscheiden: «die Satten über die Hungernden, die Mächtigen über die Ohnmächtigen, die Geborenen über die Ungeborenen. Und es ist vielleicht nur noch eine Frage der Zeit, wann sich die Hochbetagten rechtfertigen müssen.»

Echtes Umdenken gefordert

Angesichts dieser Bedrohungen würden Appelle an die Menschenwürde nicht ausreichen. «Stattdessen ist ein Umdenken nötig, dem ein anderes Handeln folgt», fordern die Landeskirchen. (sf)

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