Der Aufschrei der Bergler ist unüberhörbar. Bis ins tiefste Mittelland ist ihre Botschaft, wonach die Wintersportgebiete kurz vor dem Ruin stünden, angekommen. Der Grund für die helle Aufregung ist das Skikonzept, das Bundesrat Alain Berset (48) am Montag den Kantonen zur Beurteilung unterbreitet hat.
Der Gesundheitsminister schlägt darin vor, die Anzahl Gäste auf 80 Prozent respektive zwei Drittel des Gästevolumens aus den Vorjahren zu reduzieren. Zudem sollen die Skigebiete für den Betrieb eine Bewilligung beim Kanton einholen müssen.
Wer trägt Kosten?
Definitiv verabschieden will der Bundesrat das Skikonzept erst am Freitag. Doch bereits jetzt laufen die Vertreter der Bergkantone im Parlament Sturm. Die Bündner FDP-Nationalrätin Anna Giacometti (59) hat heute einen dringlichen Vorstoss eingereicht, in dem sie von Gesundheitsminister Berset Klärungen verlangt.
Die ehemalige Gemeindepräsidentin von Bregaglia GR will wissen, wie der Bundesrat den Berggebieten Planungssicherheit bieten kann und wer die Kosten für die Anpassung der bestehenden Schutzkonzepte und mögliche Einnahmeausfälle übernimmt.
Top-Tage in Gefahr
Weihnachten und Neujahr seien für die Berggebiete die wichtigsten Tage, erklärt Giacometti, die in der Nähe des touristischen Engadins lebt. «Müssen Skilifte und Bergbahnen schliessen, wäre das für die Berggebiete eine wirtschaftliche Katastrophe», ist sie überzeugt.
Die Schweiz dürfe sich nun auf keinen Fall von ihren Nachbarländern unter Druck setzen lassen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (42) hat bereits angekündigt, die französischen Skigebiete dichtzumachen und Landsleute, die auf Winterurlaub in der Schweiz ausweichen, hart anzupacken. So müssen alle französischen Wintersportler nach einem Ausflug in die Schweiz für sieben Tage in Quarantäne. Und auch die bayerische Landesregierung rät ihren Bürgerinnen und Bürgern: «Verzichten Sie auf Skiurlaub in der Schweiz!»
Umso mehr müssten die Bergregionen für die Schweizer Touristen zugänglich bleiben, findet Giacometti. Die Bergbahnen und Restaurants hätten Schutzkonzepte erarbeitet, und in den Städten sei es schliesslich auch möglich, mit Maske einkaufen zu gehen.
Wie dringend ist es?
Die Führung des Nationalrats, das sogenannte Ratsbüro, wird in diesen Tagen über die Dringlichkeit von Giacomettis Vorstoss befinden. Generell ist es so, dass dringliche Fragen an den Bundesrat bis spätestens am dritten Sessionstag – also heute Mittwoch – eingereicht werden müssen. Erklärt das Büro den Vorstoss für dringlich, muss Bundesrat Berset noch in der laufenden Wintersession Stellung nehmen. Eine allfällige Diskussion im Parlament fände in der dritten Sessionswoche statt.
Derweil bringt sich auch die SVP gegen die geplanten Verschärfungen in Stellung. Verschiedene Parteivertreter haben ebenfalls parlamentarische Vorstösse eingereicht. Die Partei fordert den Bundesrat auf, gänzlich auf weitere Corona-Massnahmen in den Skiregionen zu verzichten.