Umfrage zeigt enges Rennen
Bringt Corona den Kampfjet zum Absturz?

Am 27. September entscheidet die Schweiz über neue Kampfjets. Viele dachten bisher, dass es die Gegner mit ihrem Referendum schwer haben dürften. Doch eine grosse Umfrage zeigt, dass es eng werden könnte. Und die Corona-Krise könnte den Fliegern den Rest geben.
Publiziert: 01.05.2020 um 13:28 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2020 um 12:54 Uhr
Bringt Corona den Kampfjet zum Absturz?
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Umfrage zeigt enges Rennen:Bringt Corona den Kampfjet zum Absturz?
Daniel Ballmer

Alle waren sich einig: Die Kampfjet-Gegner haben einen schweren Stand. Anfang Januar hatte die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) zusammen mit SP und Grünen das Referendum gegen die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge gestartet. Am Mittwoch hat der Bundesrat den Abstimmungstermin auf den 27. September festgelegt.

Doch ausserhalb des links-grünen Lagers war bisher kaum mit Unterstützung zu rechnen. Diesmal werde es sicher schwieriger als beim Gripen-Referendum 2014, räumten selbst GSoA-Sekretär Lewin Lempert (23) und SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (51, ZH) vor den Medien ein.

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Anfang Jahr wurde gegen die sechs Milliarden teure Beschaffung neuer Kampfjets das Referendum ergriffen.
Foto: Keystone

Grosse Unterschiede zwischen Parlament und Wählern

Tatsächlich unterscheiden sich die beiden Vorlagen deutlich. 2014 sollte bloss ein Teil der Tiger-Flotte ersetzt werden. Nun geht es um die Zukunft der Schweizer Luftwaffe. Die F/A-18 können höchstens noch bis 2030 fliegen. Das 6-Milliarden-Geschäft ging in der Wintersession denn auch glatt durchs Parlament. SVP, FDP und CVP waren einstimmig dafür. Auch die GLP stimmte grossmehrheitlich zu.

Doch: Vor dem Volk könnte es deutlich enger werden. Darauf deutet eine Wahltagsbefragung hin, welche die Forschungsstelle Sotomo im vergangenen Oktober im Auftrag der SRG durchgeführt hat. Über 20'000 Wählende wurden auch zur Kampfjet-Beschaffung befragt. Das Ergebnis wurde nie veröffentlicht, liegt nun aber BLICK vor.

Selbst in Amherds CVP ist mehr als ein Drittel skeptisch

Das Resultat überrascht: Unter dem Strich sagen gerade mal 52,8 Prozent der Wähler Ja oder eher Ja zu neuen Kampfflugzeugen. 47,2 Prozent sind dagegen oder eher dagegen. Anders als erwartet deutet das auf ein offenes Rennen hin.

Am deutlichsten für neue Jets sind die Wähler der SVP mit total 75,9 Prozent. Selbst hier zeigt sich also rund ein Viertel kritisch. Auch die Basis von FDP (69,5 Prozent) und CVP (65,8 Prozent) ist mehrheitlich für neue Jets. Doch selbst in der Basis von CVP-Verteidigungsministerin Viola Amherd (57) ist mehr als ein Drittel skeptisch oder dagegen.

Klar an ihrer Basis vorbei politisiert die GLP-Fraktion. Während sie im Parlament für die Beschaffung stimmte, sind die Wählenden in der Umfrage mit 54,1 Prozent eher dagegen. Klar gegen neue Jets sind die Wähler der SP mit total 76 Prozent und der Grünen mit 82 Prozent.

Coronavirus gefährdet den Jet zusätzlich

Nur schwer abzusehen ist, welche Konsequenzen die Corona-Pandemie auf die Abstimmung haben wird. Einerseits bietet die Krise der Armee die Möglichkeit, ihre Bereitschaft im Ernstfall unter Beweis zu stellen. Gleichzeitig aber waren nicht die Kampfverbände gefragt, sondern die Sanitäter.

Skeptiker sehen sich daher darin bestärkt, dass das Militär die Prioritäten falsch setze. Statt auf neue Panzer und Kampfjets sei der Fokus vielmehr auf Bedrohungen im Pandemie- und Cyberbereich zu legen.

Zahlen überraschen Gegner und Befürworter

«Ich bin positiv überrascht», reagiert SP-Nationalrätin Seiler Graf. «Allerdings hat mich bereits die Unterschriftensammlung für das Referendum optimistisch gestimmt.» Die Zahlen seien sehr wertvoll, findet auch GSoA-Sekretär Lempert: «Sie zeigen ein erstes Mal, dass das Referendum durchaus Chancen hat – aller Unkenrufe zum Trotz.»

Für die Kampfjet-Befürworter ist das reine Polemik. Wegen der Corona-Krise habe sich die Bedrohungslage kein bisschen geändert. Und so geben sie sich kämpferisch. «Ich werte die Umfrage positiv: Letztlich ist eine Mehrheit dafür oder eher positiv gestimmt», betont der Aargauer FDP-Ständerat Thierry Burkart (44), der das Pro-Komitee leitet. «Es zeigt aber auch, dass die Abstimmung alles andere als ein Selbstläufer wird.»

Hohe Kosten als Knacknuss

Auch GLP-Sicherheitspolitiker Beat Flach (55) lässt sich nicht ins Bockshorn jagen. «Der Zeitpunkt der Umfrage war doch sehr früh», findet der Aargauer Nationalrat. Noch habe gar kein Abstimmungskampf stattgefunden. «Damit ist auch noch nicht im Bewusstsein der Bevölkerung, dass wir ab 2030 keine Luftwaffe mehr hätten.»

Die Gegner aber wollen den Aufwind nutzen. «Sehr viele stören sich an den enorm hohen Kosten: sechs Milliarden für die Katze im Sack. Das ist doppelt so viel wie bei der Gripen-Abstimmung», sagt Seiler Graf. «Wir werden im Abstimmungskampf auf jeden Fall alles geben.»

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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