«Überforderte Landesregierung»
Parteien zerzausen Bundesrat im EU-Streit

Im Streit mit der EU über die Börsenregulierung muss der Bundesrat viel Kritik einstecken. Harsche Worte wählen vor allem die beiden Polparteien SP und SVP - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Bestürzt reagiert die FDP.
Publiziert: 21.12.2017 um 16:52 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:30 Uhr
Bundespräsidentin Doris Leuthards Stellungnahme zum Börsenstreit mit der EU kommt bei vielen Parteien nicht gut an.
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«So geht man nicht mit 'Freunden' um», schreiben die Freisinnigen am Donnerstag in ihrer Mitteilung. Der Entscheid, die Gleichwertigkeit der Börsenregulierung nur befristet anzuerkennen, sei ein «Schlag ins Gesicht». Die EU habe damit die nötigen Schritte zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen verpasst.

Für die FDP ist die Zustimmung zur Kohäsionsmilliarde deshalb in Frage gestellt. Ein entschlosseneres Vorgehen des Bundesrates wäre in dieser Frage wünschenswert, wie die Partei betont. Die Schweiz brauche ein neues Fundament für die bilateralen Beziehungen.

Die Partei von SVP-Präsident Albert Rösti will eine «klipp und klare» Kommunikation.
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SVP sieht «überforderte Landesregierung»

Noch deutlicher wird die SVP. Die EU habe versucht, die «Schwächen» einer «überforderten Landesregierung» und ihrer Chefdiplomaten auszunutzen. Der Bundesrat müsse endlich aufwachen und Gegenmassnahmen gegen die Diskriminierung der Schweiz durch die EU ergreifen.

Konkret fordert die SVP, der EU «klipp und klar» zu kommunizieren, dass ein Rahmenabkommen nur vom Volk beschlossen werden könne und deshalb keine Chance habe. Zudem sei die Kohäsionsmilliarde abzulehnen und die Beteiligung der Schweiz am EU-Umverteilungsprogramm für Flüchtlinge per sofort einzustellen, schreibt die Partei in einer Mitteilung.

SP hört eine «plan- und ziellose Kakophonie»

Ganz anders sieht dies die SP. Der bürgerlich dominierte Bundesrat gebe in der Europapolitik ein desolates Bild ab und lege ein kontraproduktives Verhalten an den Tag, moniert die Partei. «Die plan- und ziellose Kakophonie der letzten Wochen hat schon zu viel Schaden angerichtet.» Die Schweiz brauche Rechtssicherheit und verlässliche Beziehungen mit ihren europäischen Nachbarn, sonst drohe die Totalblockade.

Die Schuld gibt die SP dabei den bürgerlichen Bundesratsmitgliedern. Nach den Ereignissen der letzten Wochen müsse sich der Bundesrat nicht wundern, wenn die Europäische Union die Geduld verliere und selbst politische Massnahmen ergreife. Für die SP ist der Auftrag klar: Die Regierung müsse das Rahmenabkommen endlich ernsthaft angehen und im nächsten Jahr noch Resultate vorlegen.

CVP grundsätzlich zufrieden

Grundsätzlich zufrieden zeigt sich die Partei von Bundespräsidentin Doris Leuthard. Der Bundesrat müsse Massnahmen vorsehen, um die Interessen der Schweiz gegenüber der EU zu verteidigen, erklärte CVP-Generalsekretärin Béatrice Wertli auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Diskriminierung durch die EU gefährde die bilateralen Beziehungen.

Die GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser.
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Für mehr Sachlichkeit plädiert die GLP. «Die Eskalationsstrategie des Bundesrates gegen die EU ist kontraproduktiv», schreibt Fraktionspräsidentin und Zürcher Nationalrätin Tiana Angelina Moser auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der Wirtschaftsstandort Schweiz benötige rasch Rechtssicherheit. Dafür brauche es eine Weiterentwicklung der Bilateralen, keine Verhärtung der Fronten.

Was soll die Abschaffung der Stempelabgabe?

Geteilter Meinung sind die Parteien auch bei der Ankündigung des Bundesrates, die Stempelabgabe abzuschaffen. Damit könnte der Finanzplatz gestärkt werden, zeigt sich die FDP zufrieden. Auch die CVP befürwortet die Massnahme, sofern deren Finanzierung garantiert sei. Der SVP geht die Ankündigung jedoch nicht rasch genug. Sie verlangt, dass der Bundesrat die Abschaffung der Stempelabgabe sofort beschliesst.

Die SP bezeichnet die Pläne des Bundesrates dagegen als «Gipfel der Hilflosigkeit». Diese seien ein «völlig unnötiges Steuergeschenk in Milliardenhöhe an Börsenspekulanten und Unternehmen» und trügen in keiner Weise zur Entspannung der Beziehungen zur EU bei. (SDA)

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