Twitter, Laptops, Handys
CVP-Pfister wettert gegen Selfie-Politiker

Der politische Diskurs leide unter den sozialen Medien, klagt CVP-Präsident Gerhard Pfister. «Das lauteste Argument gewinnt, weniger das richtige», wenn alle immer nur auf den Bildschirm starren.
Publiziert: 03.02.2017 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 15:30 Uhr
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Klagt seine Kollegen an: Durch die Twitterei leide die politische Diskussion.
Foto: Sabine Wunderlin
Cinzia Venafro

Sind die sozialen Medien Segen oder Fluch? Im Parlament in Bern sorgt die Twitterei der Politiker jetzt für rote Köpfe: CVP-Präsident Gerhard Pfister sinniert in seinem neusten Blog-Eintrag über die Auswirkungen von Facebook und anderen Social-Media-Plattformen. «Manchmal habe ich tatsächlich den Eindruck, dass das Zuhören, das Argumentieren, die Debatte, der Inhalt, kurz: der Fokus auf das politische Kerngeschäft unter dem Einfluss von sozialen Medien leidet», schreibt der Zuger, der neben dem politischen Geschäft Literatur und Philosophie unterrichtet.

Armee von Trollen beeinflussen Abstimmung

«Im Parlament starren alle in ihre Laptops oder twittern Fotos, Selfies und Zitate aus der Debatte, statt dass sie einander zuhören, miteinander debattieren, um die gute Lösung ringen», so Pfister weiter. Selbst in Kommissionssitzungen deklamierten immer mehr Parlamentarier einfach Parteiparolen. «Sie lassen sich immer weniger auf eine gute Debatte ein, die etwas an der eigenen Meinung ändern und verbessern könnte.»

Auch die neuen technischen Möglichkeiten der Meinungsmacher sind dem CVP-Mann ein Dorn im Auge. Nicht mehr die politische Basisarbeit – etwa mit Standaktionen und Podiumsdiskussionen – bestimme die Abstimmungskämpfe. Diese könnten dadurch entschieden werden, dass man in den digitalen Räumen mit der grösseren Armee von Trollen mehr Lärm produziere. «Das lauteste Argument gewinnt, weniger das richtige.»

Scharfe Kritik an Trumps Twitter-Politik

Pfisters Kritik macht aber nicht an der Landesgrenze halt: «Auch der neue amerikanische Präsident scheint sein Land nicht vom Oval Office, von seinem Kabinett aus, mit dem Kongress, sondern mit seinem persönlichen Twitter-Account führen zu wollen», so Pfister konsterniert.

Er zieht den Vergleich mit dem früheren deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt: «Dieser regte in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts einen fernsehfreien Tag pro Woche an, um die zwischenmenschlichen Gespräche und sozialen Kontakte zu fördern.» Das geht Gerhard Pfister dann aber doch zu weit: «Das wäre eine unzulässige Bevormundung der Menschen durch die Politik.»

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