Eine Scheidungsrate von rund 50 Prozent. Wilde Ehen, zwei Väter, zwei Mütter und volle Wartezimmer beim Paartherapeuten: ein Graus in den Augen der Zürcher EDU. Mit ihrer Initiative will die Partei nun «die Aufweichung der Ehe» verhindern und sie für gleichgeschlechtliche Paare prophylaktisch verbieten. «Die Ehe ist ausschliesslich Mann und Frau vorbehalten», soll in der Zürcher Kantonsverfassung festgeschrieben werden.
Jetzt regt sich heiliger Zorn gegen die EDU-Vorlage. An vorderster Front TV-Pfarrerin Sibylle Forrer (36), landesweit bekannt durch das «Wort zum Sonntag» auf SRF. «Diese Initiative ist absurd und scheinheilig», sagt die junge Geistliche. «Wovor soll denn die Ehe geschützt werden – und was heisst ‹eine natürliche Ehe?›», fragt die reformierte Pfarrerin aus Kilchberg ZH. Und stellt klar: «Ob es sich um eine heterosexuelle oder gleichgeschlechtliche Ehe handelt, ist völlig egal. Liebe ist immer Liebe, es steht uns nicht zu, Liebe zu qualifizieren.» Die Liebe sei ein Segen von Gott, darum fordere sie «die Ehe für alle.»
«Ehe zwischen Mann und Frau» statt «Tutti-Frutti-Familien»
Ebenfalls religiös argumentiert Michael Welz (48). Für den Zürcher EDU-Kantonsrat und vierfachen Vater «entspricht die Institution der Ehe zwischen Mann und Frau der natürlichsten Schöpfungsordnung», wie er auf seiner Homepage schreibt. «Oder der natürlichen Gegebenheit», wie er BLICK auf Nachfrage erklärt. «Darum brauchen wir dringend einen Labelschutz für die Ehe.»
In Bundesbern gebe es zu viele Bestrebungen, die Ehe aufzuweichen. «Mit unserer Initiative verhindern wir, dass die Polygamie in der Schweiz üblich wird. Und erschweren Schwulen und Lesben, Väter respektive Mütter zu werden.» Ohne eine klare Definition der Ehe als Beziehung «zwischen Mann und Frau» würden «Tutti-Frutti-Familien» Tür und Tor geöffnet.
«Die Ehe für Gleichgeschlechtliche würde denselben Familienanspruch wie für gewöhnliche Ehepaare nach sich ziehen», so Welz. «Wir wollen kein künftiges Familienchaos! Die Ehe von Mann und Frau soll bleiben, was sie ist, sie ist bewährt und die beste Grundlage für die nächsten Generationen.»
Breit abgestütztes Gegenkomitee
Der EDU und Welz entgegen stellt sich das Komitee Gemeinsam weiter Zürich – breit abgestützt durch FDP, CVP, GLP und BDP. Sogar die christlich basierte EVP hat die Nein-Parole beschlossen.
«Wir haben mit Widerstand gerechnet», so die Initianten. «Gegner erwarteten wir jedoch aus dem links-grünen und dem gesellschaftsliberalen Lager. Dass sich nun die EVP offiziell auch zu diesen Gegnern zählt, enttäuscht uns.» Im Zürcher Kantonsrat geschlossen für die Initiative stimmte neben der EDU einzig die SVP.
Der Widerstand wächst nun auch in prominenten Reihen. Allen voran setzt sich die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (56) gegen die Initiative ein. «Wer heiraten will, soll heiraten können. Punkt. Ausgrenzung und Diskriminierung von Lesben und Schwulen sind Vergangenheit. Die Zukunft heisst Gleichstellung. Auch in der Ehe», lässt sich Mauch vom Gegenkomitee zitieren.