Der Puls steigt. Heute Nachmittag informiert der Bundesrat über seine Entscheide zum Rahmenabkommen und zur Kündigungs-Initiative der SVP. Letztere lehnt er ab. Das ist klar. Daher haben sich bislang alle auf das Rahmenabkommen mit der EU fokussiert.
Seitdem BLICK publik machte, dass sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) plötzlich kritisch zum Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU äussert, ist nun die Initiative im Visier. Die Handys laufen heiss.
Das Wirtschaftsdepartement (WBF), zu dem das Seco gehört, informierte heute früh via Twitter: Der BLICK-Artikel basiere auf einem «alten vertraulichen Dokument». Das Staatssekretariat habe seine Meinung zum Freizügigkeitsabkommen (FZA) nicht geändert.
Wie BLICK berichtete, hiess es im Antrag: «Es verbleiben Differenzen mit dem WBF (GS, Seco)», also mit dem Generalsekretariat des Departements und mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft. Und weiter: «Uneinigkeit besteht insbesondere bei der Frage, ob ein Wegfall des FZAs sowie der übrigen Abkommen der Bilateralen I und die Einführung eines restriktiven Zulassungssystems auch für Arbeitskräfte aus den EU/Efta-Staaten für die Schweiz negative wirtschaftliche Konsequenzen hätten.»
Wie alt denn?
Alt? Laut BLICK-Informationen wurden die Departemente gestern Abend informiert, dass man auf Wunsch des Wirtschaftsdepartements – in Klammern Seco – im Bundesratsantrag von Justizministerin Karin Keller-Sutter (55, FDP) eine Anpassung des vom BLICK veröffentlichten Absatzes vorgenommen habe.
Alt? Die besagte Änderung war erst gestern Donnerstagmittag umgesetzt worden. Um 11.34 Uhr ging sie ein, heisst es aus Verwaltungskreisen.
Alt? Laut BLICK-Recherchen hatte das Seco erst am Mittwoch beim Staatssekretariat für Migration (SEM) um die Korrektur gebeten.
Was wurde angepasst?
Die zentrale Frage aber ist: Zweifelte das Seco in seiner Stellungnahme den wirtschaftlichen Nutzen der Personenfreizügigkeit tatsächlich derart stark an, wie es aus der ursprünglichen Version von Keller-Sutters Antrag hervorgeht? Oder hat das SEM die Aussagen falsch interpretiert?
Einen Hinweis liefert die aktualisierte Version von Keller-Sutters Antrag: Das «Seco» ist in der oben zitierten Passage aus der Klammer verschwunden. Dem Staatssekretariat für Wirtschaft ist es also wichtig, nicht mit der Haltung in Verbindung gebracht zu werden, die in der Stellungnahme zum Freizügigkeitsabkommen zum Ausdruck kommt und von Insidern als FZA-kritisch bezeichnet wird.
Damit geht das Seco auf Abstand zum eigenen Wirtschaftsdepartement.
Laut BLICK-Recherchen mischt sich Parmelins Führungscrew stark in die Arbeit der Ämter ein. Es ist davon auszugehen, dass dies im Seco zu einer anderen Färbung bei der Beurteilung des Freizügigkeitsabkommens geführt hat. Mit der Reaktion des SEM merkten Seco und das Wirtschaftsdepartement von Guy Parmelin (59, SVP), dass sie überdrehten.