Türkei auf dem Weg «in Richtung Diktatur»
Blocher will Bewilligungspflicht für ausländische Redner

Der frühere SVP-Justizminister Christoph Blocher will zurück zum alten Regime: Wie zwischen 1948 und 1998 sollen ausländische Redner nur mit Bewilligung öffentlich über politische Themen sprechen dürfen.
Publiziert: 20.03.2017 um 10:54 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:26 Uhr
Was die Wahlkampf-Auftritte ausländischer Politiker betrifft, möchte Christoph Blocher zurück zum früheren Regime.
Foto: Blick

Vor knapp zwei Wochen machte BLICK den geplanten – und schliesslich abgesagten – Auftritt des türkischen Aussenminister Mevlüt Cavusoglu publik. Seither tobt die Debatte über das türkische Verfassungsreferendum vom 16. April auch in der Schweiz.

Bewilligungspflicht für ausländischer Redner

Jetzt schaltet sich der frühere SVP-Justizminister Christoph Blocher in die Debatte ein. Was die Wahlkampf-Auftritte ausländischer Politiker betrifft, möchte er zurück zum früheren Regime.

«Ursprünglich haben wir 1948 eine sehr gute gesetzliche Regelung eingeführt: Ein Ausländer durfte in der Schweiz ohne Bewilligung nicht öffentlich über politische Themen sprechen, um nicht Unruhen und Umstürze zu provozieren», sagt Blocher in einem Interview mit der «Basler Zeitung». 

1998 sei diese Regel «aus Übermut» aufgehoben worden, so Blocher. Man könne solche Auftritte nur noch im Notrecht, im Einzelfall verbieten. Heute müsse deshalb ständig neu bestimmt werden, was gilt. «Mal dürfen Nazi-Bands Musik machen, dann wieder nicht, mal darf ein Türke für die Diktatur werben, dann wieder nicht», so Blocher.

Für ihn ist klar: «Das passiert, wenn man allgemeine Prinzipien aufgibt! Nach heutigen Regeln ist die Sicherheit massgebend. Ich bin für die Regelung, die wir 1948 bis 1998 hatten.»

Türkei unterwegs «in Richtung Diktatur»

Der frühere Justizminister kritisiert in dieser Frage auch den jetzigen Bundesrat. «Sein Verhalten ist nicht erkennbar», so Blocher. «Darum ist die jetzige Lösung typisch schweizerisch: Es findet sich leider kein geeignetes Lokal? Am Schluss entscheiden die Wirte, ob einer reden kann oder nicht!»

Blocher, der die Türkei als Unternehmer wie auch als Bundesrat kennt, sieht die Türkei auf dem Weg «in Richtung Diktatur. Die neue Verfassung wird dazu führen».

Diesbezüglich erinnert er an einen Auftritt von 2006, als er als Bundesrat an den 80-Jahre-Feierlichkeiten zur Einführung des Zivilgesetzbuches in der Türkei teilnahm. Die Türkei unter Mustafa Kemal Atatürk hatte nämlich das Schweizerische Zivilgesetzbuch 1926 weitgehend übernommen.

«Schon damals habe ich gemerkt, dass die Türken auf Distanz zu Atatürk gingen», sagt Blocher. «Bei meiner Ansprache in der Universität lobte ich Atatürk – das Publikum reagierte eigenartig reserviert.» (rus)

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