Trotz Erinnerungen an Attentat
Knatsch um die Seesicht beim neuen Zuger Kantonsratssaal

Der Zuger Regierungsrat will einen Neubau für den mit tragischen Erinnerungen verbundenen Kantonsratssaal. Doch Bürgerinnen und Politiker warnen vor Eingriffen ins Stadtbild. Das Projekt könnte bald krachend scheitern.
Publiziert: 23.04.2025 um 10:22 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2025 um 10:30 Uhr
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Der Zuger Kantonsratssaal ist in die Jahre gekommen. Doch lange zögerte die Regierung, die Stätte anzufassen.
Foto: Markus Forte

Darum gehts

  • Zuger Regierung plant Neubau des Kantonsratssaals, stösst auf Widerstand
  • Bürgerinitiative warnt vor Eingriffen ins Stadtbild und Verlust öffentlichen Raums
  • Neubau soll 50 Millionen Franken kosten und 2032 bezogen werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Der Zuger Kantonsratssaal ist mit schrecklichen Erinnerungen verbunden: Am 27. September 2001 war er Schauplatz eines der schlimmsten Verbrechen der Schweizer Geschichte. Bei einem Attentat kamen 14 Menschen ums Leben, darunter drei Regierungsräte. 18 weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

Trotz dieser belastenden Vergangenheit zögerte der Kanton lange, den Saal im Zuger Regierungsgebäude zu erneuern. Doch nun plant die Regierung einen Neubau. Er soll rund 50 Millionen Franken kosten und 2032 bezogen werden. Die Pläne drohen allerdings frühzeitig zu scheitern, wie die «NZZ» schreibt.

Viele Kritikpunkte in offenem Brief

SVP-Politiker Philip C. Brunner (69), langjähriger Parlamentarier in Stadt und Kanton, urteilt hart. «Ich habe noch nie ein politisches Geschäft gesehen, das vom Regierungsrat so verbockt wurde», sagt er. «Der Regierungsrat hat leider den Fehler gemacht, dieses Vorhaben im Alleingang durchziehen zu wollen, ohne die Parlamente von Stadt und Kanton einzubeziehen.» Dabei war es ursprünglich sein Postulat, das die Suche nach Alternativen zum veralteten Saal angeregt hatte.

Der Widerstand formierte sich schnell: Eine Bürgerinitiative aus Anwohner aus der Altstadt und besorgten Zugerinnen warnt vor massiven Eingriffen ins Stadtbild und dem Verlust öffentlichen Raums. Denn der geplante Neubau soll an bester Lage am Landsgemeindeplatz entstehen – und würde so etwa die beliebte Seesicht beeinträchtigen.

Die IG Erhalt Landsgemeindeplatz wandte sich in einem offenen Brief an das Zuger Stadtparlament. Dieses muss am 29. April für das Projekt über einen Landabtausch zwischen der Stadt Zug und dem Kanton Zug entscheiden. Im Brief kritisiert die Gruppierung auch, dass die Regierung nicht nach ernsthaften Alternativen gesucht hatte. Besonders bemängelt wird zudem der geplante Abriss der traditionsreichen Vogelvoliere.

Wenig Zuspruch im Stadtparlament

Auch die Grünliberalen fordern mittlerweile, die Pläne zu begraben. Und die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Stadtparlaments lehnte den Landabtausch bereits klar ab. «Die einzige offene Frage ist jetzt noch, ob das Geschäft im Stadtparlament mit null Stimmen abgeschmettert wird oder ob es ein bis zwei Ja-Stimmen geben wird», sagt GPK-Präsident Brunner. Und auch im Kantonsrat prognostiziert er dem Vorhaben wenig Chancen.

Für die Zuger Regierung zeichnet sich also eine krachende Niederlage ab. Sie wird wohl nicht umhinkommen, die Planungen neu aufzurollen und beim zweiten Versuch das Parlament und die Öffentlichkeit frühzeitig einzubeziehen. Bis auf Weiteres muss das Kantonsparlament im alten Saal tagen – trotz belastender Erinnerungen. 

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