Trotz 30'000 Terror-Toten im letzten Jahr
Die Welt ist sicherer geworden

Erstmals seit 2010 lag die Zahl der Terror-Opfer 2015 weltweit tiefer als im Vorjahr. Das geht aus einem Bericht der Londoner Denkfabrik Institute for Economics and Peace hervor.
Publiziert: 17.11.2016 um 11:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:06 Uhr
Zwei Angehörige der Garde der Republik halten am 13. November 2016 Wache vor der Erinnerungstafel zum ersten Jahrestag der Anschläge auf das Konzertlokal Bataclan in Paris.
Foto: EPA

Das renommierte Londoner Institute for Economics and Peace (IEP) berechnet mit einem komplizierten Schlüssel jedes Jahr, wo die Folgen von Terroranschlägen weltweit am schlimmsten waren. Am härtesten betroffen waren 2015 die fünf Länder Irak, Afghanistan, Nigeria, Pakistan und Syrien. Dort kamen 72 Prozent aller Terroropfer ums Leben. Entsprechend stehen diese Länder auch an der Spitze des Terror-Rankings. Irak erreicht auf der Skala von 1 bis 10 eine Punktzahl von 9,96.

Die Werte errechnet das IEP aufgrund verschiedener Kennzahlen: Anschläge, Tote, Verletzte und wirtschaftliche Schäden. Letztere sind auch in der Schweiz spürbar. Doch gegenüber dem Vorjahr sind die Folgen gemäss IEP 2015 sogar noch gesunken – ihr Wert hat sich mehr als halbiert. Mit 0,288 Punkten liegt die Schweiz auf Platz 108 der Rangliste. Das ist zwar schlechter als Österreich, aber viel besser als alle anderen Nachbarländer. Italien kommt auf einen Wert von 2,363, Deutschland auf 4,308 und Frankreich auf 5,603 Punkte. 

Frankreichs Spitzenplatz ist Folge der Bataclan-Anschläge 

Der Wert von Frankreich ist Folge der Bataclan-Anschläge in Paris vom November 2015, bei denen 130 Menschen getötet wurden. Damit liegen unsere Nachbarn im Westen auf Platz 29, Deutschland rangiert auf Platz 41 und Italien auf Platz 69.

Das spiegelt auch den Hauptbefund des IEP: Weltweit ist die Zahl der Todesopfer durch Terroranschläge im vergangenen Jahr nämlich zurückgegangen. Insgesamt wurden 2015 beinahe 30’000 Menschen von Terroristen getötet – rund zehn Prozent weniger als 2014. Grund für den Rückgang seien vor allem erfolgreiche Militäroperationen gegen die Islamisten von Boko Haram in Nigeria und gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak.

Anders sieht es für die Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus: 21 von 35 OECD-Staaten erlebten im Jahr 2015 Terroranschläge. Am schlimmsten traf es Frankreich und die Türkei. Hauptverantwortlich ist der IS. Die Terrormiliz weitete ihre Aktivitäten im Jahr 2015 von 14 auf 28 Länder aus.

Angriffe in Europa von hier Aufgewachsenen verübt

IEP-Forschungsdirektor Daniel Hyslop warnt jedoch davor, Rückschlüsse auf die Herkunft der Attentäter zu ziehen. «Die überwiegende Mehrheit der islamistischen Angriffe in Europa kam von Menschen, die dort aufgewachsen sind.»

Ob sich die Anziehungskraft des IS mit einer Niederlage in seinen Hochburgen im Irak und in Syrien vermindern lässt, ist Hyslop zufolge schwer vorauszusagen. Doch es bestehe Grund zur Hoffnung: Gerade weil der IS beispielsweise sehr konkrete Prophezeiungen für seine Erfolge in der Zukunft mache, könnten militärische Rückschläge die Anhänger desillusionieren. «Es ist sehr gut möglich, dass die Gruppe geschwächt wird, wenn man ihre Anführer ausschaltet», sagte Hyslop.

In westlichen Ländern dagegen seien vor allem langfristige Strategien nötig, um den Terror zu bekämpfen. Jugendarbeitslosigkeit, hohe Kriminalität, leichte Verfügbarkeit von Waffen und fehlendes Vertrauen in demokratische Prozesse seien dort die Hauptfaktoren für die Radikalisierung von Menschen.

Der volkswirtschaftliche Schaden des weltweiten Terrors beläuft sich IEP-Schätzungen zufolge auf gegen 90 Milliarden Franken.

Fälle wie der Münchner-Amok oder der Lastwagen-Terror von Nizza sind nicht erfasst, da diese Taten 2016 stattfanden.

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