Die Post braucht eine neue Buchprüferin. Denn im Zuge des Postauto-Bschisses war auch herausgekommen, dass die langjährige Revisionsgesellschaft KPMG den Buchhaltern des gelben Riesen zu wenig auf die Finger respektive in die Bücher geschaut hat.
Im Juni trennte sich die Post daher von KPMG. Und sucht nun via der Onlinebeschaffungsplattform Simap eine neue Revisionsgesellschaft. Bis zum 22. Oktober können sich Wirtschaftsprüfer bewerben, um «Revisionsleistungen für die Schweizerische Post AG entsprechend den besonderen gesetzlichen Vorschriften und gemäss detailliertem Anforderungskatalog zu wirtschaftlich bestmöglichen Bedingungen» anzubieten.
Der Preis macht 50 Prozent aus
Pikant: Die «wirtschaftlich bestmöglichen Bedingungen» sind der Post besonders wichtig. Von den Zuschlagskriterien wird der Preis mit 50 Prozent gewichtet. Ob die Prüferin die Anforderungen erfüllt, fliesst nur zu 45 Prozent in die Vergabe ein, Transparenz und Qualität des Angebotes sogar nur zu fünf Prozent.
In der Branche gibt das zu reden. Wie kann es sein, dass ein Konzern, der gerade aus dem grössten Korruptionsskandal der jüngeren Schweizer Geschichte kommt, seinen Buchprüfer nach dem Preis auswählt?
«Aussergewöhnlich hoch»
«Der Anteil der Wirtschaftlichkeit ist schon aussergewöhnlich hoch», sagt Ständerat Erich Ettlin (56). Vor seinem Einzug in die Bundespolitik war der CVP-Mann Vorsteher der Obwaldner Steuerverwaltung. Und er sitzt in mehreren Verbänden der Rechnungslegungsbranche.
«Wichtiger als der Preis ist bei einem so grossen Unternehmen wie der Post, dass die Revisionsgesellschaft in der Lage ist, das komplexe Geschäft zu stemmen», findet er. «Das gilt nach einem Skandal wie bei Postauto umso mehr.»
Post berücksichtigt «Marktbegebenheiten»
Die Post verneint, dass sie auf der Suche nach einer Billig-Revisorin ist. «Die Qualität ist ein zentrales Kriterium», so Sprecher François Furer. 30 Kriterien in der Ausschreibung würden sicherstellen, dass «nur Anbieter mit höchsten Qualitätsstandards» zum Handkuss kämen. Sämtliche infrage kommenden Anbieter seien zudem renommierte Firmen. «Die Ausschreibung berücksichtigt diese Marktbegebenheiten», sagt Furer.
Ob die Idee, bei dieser heiklen Frage aufs Geld zu schauen, von der Post kommt oder aber vom Bundesrat, muss offenbleiben. BLICK weiss: Der Bund als Eigner war in die Ausschreibung involviert.
KPMG fehlte kritische Grundhaltung
Der Expertenbericht der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard war im Juni zum Schluss gekommen, dass KPMG zwar keine Pflichtverletzung nachgewiesen werden kann. Der viertgrössten Wirtschaftsprüferin habe es aber an einer kritisch hinterfragenden Grundhaltung gefehlt. «KPMG hätte ohne Kenntnisse der Buchhaltungspraxis das Projekt nicht begleiten können», heisst es im Bericht. Gemeint sind die fiktiven Buchungen, mit denen Postauto jahrelang illegal Gewinne eingefahren hat.
Ganz aus dem Schneider ist KPMG noch nicht: Die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) hat Abklärungen eingeleitet. Diese laufen noch immer, wie ein Sprecher gegenüber BLICK bestätigt.