Tritt CVP-Riklin doch nicht ab?
«Ich überlege mir, noch einmal zu kandidieren»

CVP-Nationalrätin Kathy Riklin kritisiert den «undiplomatischen» Aussenminister Ignazio Cassis – und kündigt ihren Rücktritt vom Rücktritt an.
Publiziert: 16.09.2018 um 11:37 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2018 um 17:32 Uhr
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Kathy Riklin kündigte im April an, sie wolle nicht mehr für den Nationalrat kandidieren.
Foto: Keystone
Interview: Reza Rafi

Ihre Bilanz zu EDA-Vorsteher Ignazio Cassis?
Kathy Riklin: Bundesrat Cassis pflegt einen anderen Stil, er ist viel kommunikativer als sein Vorgänger Didier Burkhalter. Aber in den schwierigen aussenpolitischen Dos­siers fehlt bislang der Tatbeweis. International sendet er fatale Signale aus.

Welche?
Er löste ohne Not eine Debatte über das Palästinenserhilfswerk UNRWA aus, blockiert das geplante Menschenrechtszentrum, interessiert sich nicht für die Ziele für nachhaltige Entwicklung und stellt den Uno-Migrationspakt in Frage.

Man kann auch sagen: Cassis politisiert konsequent.
Dass er Entwicklungspolitik auf die Länder fokussiert, wo die Schweiz besondere Interessen hat, etwa im Migrationsbereich, ist begrüssenswert. Aber es gibt dann plötzlich wieder solche Bomben, wo er ohne Not undiplomatische Aussagen macht. Das schadet der Schweiz und ihrer Tradition der guten Dienste.

Immerhin packt er beim ­Rahmenabkommen und dem Lohnschutz heisse Eisen an.
Im EU-Dossier hat Cassis von seinem Vorgänger Burkhalter ganz schwierige Vorgaben geerbt. Dass Cassis nun versucht, das neu anzupacken, ist erfreulich.

Die Schweiz und die EU sind doch mit oder ohne Rahmen­vertrag eng verflochten.
Man redet immer abstrakt von den bilateralen Abmachungen, aber den Bürgern ist nicht bewusst, dass es um ganz konkrete Dinge geht: etwa höhere Stromkosten und ­weniger Versorgungssicherheit ohne Elektrizitätsabkommen. Ganz wichtig ist auch die Fortsetzung des Forschungsprogramms Horizon 2020. Es besteht das Risiko, dass wir wieder zu einem Drittstaat werden. Das wäre dramatisch! Wir haben kein Roaming-Abkommen, anders als die Liechtensteiner, die im EWR sind und in Europa null Roaming-Gebühren zahlen. Ich sage seit Jahren: Der EWR wäre die beste Lösung.

Im EU-Dossier fehlt vielen mittlerweile der Überblick.
Die Regierung sollte Transparenz schaffen! Die EU informiert ihre Bürger sehr offen, etwa bei den Verhandlungen über den Brexit und den Freihandel mit Kanada, und stellt die Dokumente ins Internet. Bei uns findet alles intransparent und im stillen Kämmerlein statt. Wir Parlamentarier kennen nicht einmal das detaillierte Mandat für die Verhandlungen mit Brüssel aus dem Jahr 2013.

Cassis sollte also die Verhandlungsschritte publizieren?
Er müsste klar und deutlich sagen, wo die Probleme sind. Jahrelang redete man vom Europäischen ­Gerichtshof, bis Juncker diesen Gordischen Knoten gelöst hat und ein Schiedsgericht einbrachte. Dann erst kam heraus, wo das eigentliche Problem liegt: Beim Lohnschutz lag die Blockade. Stattdessen redete man immer nur von irgendwelchen roten Linien, aus denen man mittlerweile ein ganzes Netz spinnen könnte.

Kein Mensch glaubt Ihnen, dass Sie nächstes Jahr zurücktreten werden, wie Sie ankündigten.
Ich mache meinen Job sehr gerne und habe ein grosses Netzwerk. Mich interessieren die Dossiers. Für die CVP hat sich die Situation in Zürich stark verändert: Barbara Schmid-Federer ist für alle völlig überraschend zurückgetreten. Das ergibt eine neue Ausgangssituation. Darum überlege ich mir ernsthaft, noch einmal zu kandidieren.

Sie sind also bereit, wenn die Delegierten Sie erneutnominieren?
Das kommt für mich durchaus in Frage.

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