«Es ziehen dunkle Wolken am Horizont auf.» Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) wählte pathetische Worte, als er am Dienstag auf die aktuelle Corona-Lage zu sprechen kam.
Abseits der Stilfrage hat er nicht ganz unrecht. Denn seit dem Wochenende steigt die Zahl der täglichen Corona-Infektionen wieder. Am Dienstag meldete das Bundesamt für Gesundheit 1240 neue Fälle – vor einer Woche waren es 923. Schon für das Wochenende hatte das BAG 2366 neue Fälle bei 63'205 Tests gemeldet. Vor Wochenfrist waren es 100 Fälle weniger bei über 99'500 Tests.
Trendwende in vielen Kantonen
Es könnten Ausreisser sein, doch im BAG geht man eher von einer «ungünstigen Entwicklung» aus. «In einer Vielzahl von Kantonen hat eine negative Trendwende stattgefunden», sagte Mathys. «Dort nehmen die Fallzahlen wieder zu.» Und nicht nur das: In über der Hälfte der Kantone liegt auch der R-Wert, der angibt, wie viele Personen ein Infizierter ansteckt, wieder über 1. Mathys rechnet damit, dass er in den kommenden Wochen steigt.
Ohne die sehr bevölkerungsreichen Kantone Zürich und Bern, wo die Fallzahlen (noch) leicht sinken oder aber stagnieren, wäre diese Trendwende bereits auf nationaler Ebene sichtbar.
Niedrige Inzidenzen bei Impf-Champions
In der Tat sind nicht alle Kantone gleich stark betroffen. Schaut man genauer hin, ergibt sich ein ziemlich eindeutiges Bild: Dort, wo wenig Menschen geimpft sind, schlägt das Virus wieder zu.
Das belegen die Inzidenzen – also jene Werte, die angeben, wie viele von 100'000 Einwohnern sich in den vergangenen 14 Tagen angesteckt haben. Schweizweit liegt dieser Wert bei 143. Doch die kantonalen Unterschiede sind riesig: Das Tessin hat die national niedrigste Inzidenz: In den letzten 14 Tagen steckten sich von 100'000 Einwohnerinnen und Einwohnern nur 68 an. In Basel-Stadt waren es 78. Und in Zürich 124.
Diese drei Kantone führen auch die Impf-Rangliste an: Mehr als 65 Prozent ihrer gesamten Bevölkerung sind bereits doppelt geimpft.
Wo das Virus wieder zuschlägt
Ebenso eindeutig ist das Bild am anderen Ende der Skala. Die mit Abstand höchste Inzidenz hat derzeit der Kanton Obwalden: Auf 100'000 Einwohner gerechnet, haben sich in den letzten 14 Tagen 532 Menschen infiziert. Dann folgen mit grossem Abstand Uri (386) und die beiden Appenzell (385) – hier leben die Impf-Trödler.
Dass beides einen Zusammenhang hat, zeigt sich auch in der Betrachtung der Altersklasse. Am stärksten zirkuliert das Virus in der jungen Bevölkerung zwischen 10 und 29 Jahren. Und diese ist nach wie vor am wenigsten geimpft.
Dass der Bundesrat auf eine Lockerung der Zertifikatspflicht verzichtet, erstaunt da wenig.