Jung, intelligent, streitbar: Im Winter kommen zwei neue Frauen in den Nationalrat. Frauen, von denen man in Zukunft sicher öfters lesen wird. Wer sind die beiden?
Die 33-jährige Thurgauer Kantonsrätin Diana Gutjahr rückt neu für den zurückgetretenen und notabene doppelt so alten SVP-Nationalrat und Bauern Hansjörg Walter nach. Gutjahr wohnt in Amriswil und leitet zusammen mit ihrem Ehemann eine Stahl- und Metallbaufirma mit fast 100 Angestellten.
Für die Unternehmerin und Vizepräsidentin des Thurgauer Gewerbeverbands steht daher vor allem die Wirtschaft im Zentrum ihrer politischen Tätigkeit: «Zu meinen Kernanliegen gehören unsere Berufslehre sowie schlanke Gesetze und optimale Rahmenbedingungen für die Unternehmen.»
Verantwortung für die Unternehmung in der Schweiz
Sie bezeichnet sich selber als weltoffenen und verantwortungsbewussten Menschen. Auf klassische SVP-Reizworte wie bilaterale Verträge und Personenfreizügigkeit angesprochen, reagiert Gutjahr nüchterner als viele ihrer zukünftigen Kollegen: «Wir müssen einen Weg finden mit dem Ausland.» Es gelte, die Personenfreizügigkeit genauer zu betrachten und dafür zu sorgen, dass das Ausland die Gesetze, Bedürfnisse und Wünsche der Schweiz respektiere. Aber: «Trotzdem müssen wir in der Politik auch Verantwortung übernehmen für die Unternehmen in der Schweiz.» Ein Plädoyer für geregelte Verhältnisse mit der EU? Das liess Gutjahr offen.
Der Thurgauerin wird eine grosse Karriere prognostiziert. In ihrem Kanton wird sie von manchen bereits als potenzielle Bundesratskandidatin gehandelt. Sie winkt aber ab, das Nationalratsamt sei momentan schon ein genug grosser Schritt. Dennoch hält sie alle Optionen offen: «Sag niemals nie.»
«Mehr soziale und kulturelle Themen»
Auch aus dem Aargau weht frischer Wind nach Bern: Irène Kälin (30), Grossrätin und Co-Fraktionspräsidentin der Grünen, rückt für Jonas Fricker (40) nach. Dieser gab am Wochenende nach seinem Skandalvergleich von jüdischen Holocaust-Opfern mit Schweinen in Massentierhaltung seinen Rücktritt bekannt.
Die studierte Islam- und Religionswissenschaftlerin Kälin hat zwar in vielen Themen dieselben Positionen wie ihr Vorgänger, wie sie selber sagt. Doch: «Während Jonas sich eher auf die Ökologie fokussiert hat, stehen bei mir mehr soziale und kulturelle Themen im Vordergrund.» Dafür habe sie auch die richtige Ausbildung: «Ich will mehr Verständnis für den Islam und für religiöse Minderheiten in die Politik tragen.»
Viel zu oft würden mangelnde Kenntnisse anderer Religionen missbraucht, um Populismus und Stimmungsmache zu betreiben. Kälin will sich aber auch andernorts engagieren: «Gleichstellung und Lohngleichheit, aber auch Bildung und ein effektiver Atomausstieg, es gibt noch viele Baustellen in der Schweiz!»