Er sei «einfach picobello». Einer, der «alles im Griff hat, auch sich selber». So einen Chef habe er nie vorher und nie nachher gehabt. Der IT- Programmierer, der bei der UBS zwischen 1997 und 2001 ein Untergebener von Thomas Süssli (53) war, seufzt: «Jemand mit diesem Lebenslauf jetzt bei der Armee? Ich weiss nicht.»
Ist Berufsoffizier Süssli überqualifiziert? Ja, sagt der IT-Programmierer, der nicht namentlich genannt werden will. Etliche frühere Wegbegleiter, welche die «Handelszeitung» aufspürte, reden fast nur positiv über ihn. «Kenntnisreich», «fokussiert», «frei von Managerallüren», «grundsympathisch, «geerdet» – ihre Einschätzungen stehen im Kontrast zur anonym vorgetragenen Kritik hoher Militärs in Zeitungsberichten, nachdem Bundesrätin Viola Amherd (57, CVP) die Wahl Süsslis vor vier Wochen bekannt gab.
Der Tenor: Einer, der nie Grenadiere oder Kampfpiloten befohlen habe, könne nicht Armeechef werden. In der Tat: Süssli hatte in seiner Militärkarriere eine Sanitätskompanie, ein Spitalbataillon und eine Logistikbrigade geführt, aber keine Kampftruppen.
Loyalitätslose HR-Helfer
Auffallend ist, dass Süssli in seiner Vor-Militärkarriere oft den Job wechselte. Eingestiegen ist er Mitte der achtziger Jahre als Chemielaborantenlehrling bei Ciba-Geigy. 1989 heuerte er beim Bankverein (SBV) in Basel an, schulte sich zum Programmierer weiter und zwei Jahre später zum diplomierten Wirtschaftsinformatiker. Als solcher führte er IT-Teams. «Er war einer der seltenen Chefs, die selber Programmcodes schreiben und Datenbanken anbinden konnten.» Kurzum: Er wusste Bescheid, erinnert sich der Informatiker.
Es ging rasant aufwärts. Vier Jahre später, 1998, anlässlich der Fusion der damaligen Grossbanken SBV und SBG zur heutigen UBS, kannte er von der Arbeit in Basel her den neuen UBS-Konzernchef Marcel Ospel (69). Süssli stieg auf und bezog sein Büro an der Zürcher Bahnhofstrasse.
Er wollte mit Startup erfolgreich sein
Zu dieser Zeit fasste er den Auftrag, eine Software zu bauen, welche die Wertpapierausleihe, das Security Lending, automatisieren sollte. Sie war gedacht für Grosskunden wie Banken und Fonds, die ihre Wertschriften gegen Gebühr ausleihen, um die Rendite aufzubessern.
Diese Software war einzigartig, sodass sie 1999 aus der UBS in eine Kleinfirma ausgegliedert und unter dem Namen Finace vermarktet wurde. «Es war eine Art Startup», betrieben von «einem verschworenen Team von ein Dutzend Leuten», erinnert sich ein früherer Vorgesetzter. Süssli sei «extrem fokussiert» gewesen, sagt ein Mitarbeiter. Einer, der nach Hause einlädt, um beim Nachtessen in der Küche das Projekt zu nageln.
Chef der Kleinfirma, der International Financial Business Solutions (IFBS), war Felix Oegerli, ein früherer UBS-Arbeitskollege, heute Handelschef der ZKB. Dieser holte ihn 2001 zur Firma, mit der Idee, die Software weltweit zu vertreiben und den grossen Reibach zu machen. Oegerli war Süsslis Mentor. Er äussert sich nicht.
Aus dem Unternehmer Süssli wurde nichts
Verteidigungsministerin Amherd sagte bei Süsslis Vorstellung, Süssli habe damals als «Unternehmer und Miteigentümer» die Firma geführt. Nun, das tat er nicht. Oegerli war der Chef, aber Süssli war wichtig. «Er war der Aussenminister der Firma und machte das gut», erinnert sich ein Vorgesetzter, «doch die Software flog nicht.»
Süssli hatte in der Schweiz zwar Kunden – Zürcher Kantonalbank, Credit Suisse, Julius Bär, Vontobel –, aber die Software war zu spezialisiert, um im kleinen Schweizer Markt zu bestehen. «Um rentabel zu sein, hätte man US-Banken als Kunden finden müssen.» Doch diese bockten, denn sie verlangten – «typisch Amerikaner», so ein Branchenkenner – exzessive Haftungsgarantien. So endete Süsslis Hoffnung auf eine Unternehmerkarriere. IFBS wurde 2007 an die Swisscom-Tochter Comit verkauft, die sie vier Jahre später an den US-Konzern Sungard veräusserte.