Vor zwei Wochen hatte SP-Präsident Christian Levrat (48) im BLICK gefordert, dass Bern Brüssel im EU-Poker ein «besseres Angebot» unterbreiten müsse. Man solle das Rahmenabkommen so ausgestalten, dass das Lohnniveau der Schweiz erhalten wird.
Zur Erinnerung: Das vorliegende Abkommen sieht vor, dass die Schweiz ihre flankierenden Massnahmen abschwächt, um weiterhin vollen Zugang zum EU-Binnenmarkt zu erhalten. Für Gewerkschaften, das Gewerbe und die meisten Parteien ein Unding. «Nach den Wahlen müssen wir mit einem neuen Angebot an die EU gelangen», sagte Levrat deshalb.
Dass der SP-Präsident damit bis nach den Wahlen warten will, hatte Kritik ausgelöst. So vermutet der SVP-Nationalrat Roger Köppel (53), die SP werde danach umkippen und fürs Rahmenabkommen stimmen.
Andere behaupten, die Linke habe längst einen Deal mit den Arbeitgebern gemacht: Im Gegenzug für leichte Anpassungen beim Lohnschutz würden die Gewerkschaften einen besseren Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer und die schnellere Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Gesamtarbeitsverträgen (GAVs) erhalten – zwei lang gehegte Wünsche der Gewerkschaften. Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt (58) hatte einen solchen Kuhhandel vor einem Monat in der «NZZ am Sonntag» als «möglich» bezeichnet.
Levrat erteilt einem solchen Deal nun eine Absage: «Dem würde die SP nicht zustimmen.» Sowohl der Kündigungsschutz als auch die Ausweitung der GAV seien wichtig – taugten aber nicht als Gegengeschäft für das Rahmenabkommen. «Es geht hier nicht um Machtspiele», so Levrat. «Denn nichts von beidem würde uns erlauben, die Löhne weiterhin zu schützen.» Dafür müssten die Sozialpartner eine Lösung finden.
Für den SP-Boss muss eine solche Lösung sicherstellen, dass weiterhin wirksam kontrolliert werden kann, ob sich EU-Firmen an hiesige Arbeitsbedingungen halten. Das Problem beim vorliegenden Rahmenvertrag sei, dass die EU das verhindern kann – beispielsweise über den Europäischen Gerichtshof (EuGH). «Der EuGH hat mehrfach bewiesen, dass er sich gegen wirksamen Lohnschutz stellt», so der Parteipräsident.