Sie kamen schwimmend und in Schlauchbooten: Am Dienstag erreichten 6000 Männer, Frauen und Kinder die spanische Enklave Ceuta in Nordafrika. Nie zuvor hatten so viele Menschen innert eines Tages die spanisch-marokkanische Grenze im Mittelmeer überquert – und das, obwohl am Strand bereits die spanische Armee auf die Migranten wartete.
Möglich gemacht hatten die Flucht die marokkanischen Behörden, die wegen eines politischen Streits mit Spanien die Kontrolle der angrenzenden Strände aussetzten. Die Migranten konnten so an der Küste bis zum Grenzzaun gehen und mussten dann nur noch um eine Mole schwimmen. Viele von ihnen irrten anfänglich in der Stadt umher, konnten inzwischen aber in einem Stadion oder in Auffangzentren untergebracht werden.
Turbulent sind auch die Szenen, die sich derzeit in Italien abspielen. Kürzlich strandeten an einem Wochenende über 2000 Flüchtlinge auf der Insel Lampedusa. Italien zählte bis Mitte Mai rund 13'000 neu ankommende Flüchtlinge – das sind drei Mal so viele wie im Vorjahr und elf Mal (!) so viele wie 2019. Die Uno geht davon aus, dass in diesem Jahr bereits über 550 Menschen gestorben sind beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren.
Corona erschwerte Migration
In der Schweiz ist das Flüchtlingsdrama an der EU-Aussengrenze bisher kaum zu spüren. Die Zahl der Asylsuchenden schwankte in diesem Jahr zwischen 800 und 900 Gesuchen pro Monat. Das sind laut Angaben des Staatssekretariats für Migration (SEM) weniger als noch vor der Corona-Pandemie. Doch wird das in den nächsten Monaten so bleiben – oder steht die Schweiz angesichts der Ereignisse in Ceuta und Lampedusa vor einem Flüchtlingssommer?
Kaum. Das SEM rechnet damit, dass die Asylgesuche im Sommer lediglich moderat ansteigen und ein ähnliches Niveau wie vor der Pandemie erreichen. Laut SEM kommt es in den nächsten Monaten hauptsächlich deshalb zu einem moderaten Anstieg, weil die meisten europäischen Länder ihre Corona-Massnahmen lockern dürften, was die «binneneuropäische Weiterwanderung» erleichtere.
Marokkaner zurückgeschafft
Die Schweizer Behörden gehen nicht davon aus, dass sich die Ereignisse in Ceuta und Lampedusa hierzulande gross auswirken werden. Es gebe im Moment keine Anhaltspunkte dafür, dass Spanien die marokkanischen Migranten in Ceuta auf den europäischen Kontinent transportieren werde, schreibt das SEM. Sollte sich dies ändern, müsste die Schweiz die Situation «neu beurteilen».
In der Tat verkündete der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez (49) noch am Dienstag, dass Spanien hart gegen sämtliche Migranten vorgehen werde, die «illegal» auf spanischen Boden gelangt seien: «Alle diese Menschen werden unverzüglich zurückgeschafft», sagte er. Bis heute wurden über 1500 Menschen nach Marokko zurückgebracht.
Flüchtlinge aus Tunesien und Bangladesch
Auf ein neues Zuhause in Europa dürften hingegen viele Flüchtlinge hoffen, die derzeit in Italien stranden. Die meisten von ihnen stammen laut dem Staatssekretariat für Migration aus Bangladesch, Tunesien und der Elfenbeinküste. Bei diesen Ländern handle es sich allerdings mehrheitlich nicht um Herkunftsländer, «aus denen aktuell eine grössere Anzahl von Personen ein Asylgesuch in der Schweiz stellt». Eine Ausnahme sei teilweise Tunesien.
Die Schweizer Behörden rechnen deshalb nicht mit einem Flüchtlingssommer. Bis Ende Jahr erwartet der Bund insgesamt rund 15'000 Asylgesuche. Das wären ziemlich genau so viele wie vor der Pandemie. Und wenn der Andrang wider Erwarten doch grösser sein sollte? Dann hätte es – trotz coronabedingten Mindestabständen – genügend Platz in den Asylzentren, versichert das SEM. Die Gebäude seien derzeit nur zu 47 Prozent ausgelastet.
Die Schweiz will in den nächsten zwei Jahren rund 1600 Flüchtlinge aufnehmen, die sich in besonders prekärer Lage befinden. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden. In erster Linie soll im Rahmen des sogenannten Resettlement-Programms Menschen geholfen werden, die unter Konflikten oder Verfolgung im Nahen Osten und entlang der zentralen Mittelmeerroute leiden.
Die Schweiz will ihr Engagement auf drei bis fünf Erstaufnahmeländer fokussieren. Zusätzlich zeigt sich der Bundesrat bereit, ein Kontingent von rund 300 Flüchtlingen aufzunehmen, die wegen der Corona-Pandemie nicht im Rahmen des aktuellen Resettlement-Programms aufgenommen werden konnten.
Sowohl das UNHCR als auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe begrüssen den Entscheid des Bundesrats, das Resettlement-Programm 2022 und 2023 weiterzuführen. Beide hoffen angesichts der hohen Flüchtlingszahlen allerdings darauf, dass die Schweiz ihre Kontingente in Zukunft erhöht.
Die Schweiz beteiligt sich seit mehreren Jahren am Resettlement-Programm der Uno-Flüchtlingsorganisation UNHCR, das zum Ziel hat, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge in Drittstaaten dauerhaft neu anzusiedeln. Um besser planen zu können, beschloss der Bundesrat 2019, alle zwei Jahre ein fixes Flüchtlingskontingent von 1500 bis 2000 Menschen festzulegen.
Die Schweiz will in den nächsten zwei Jahren rund 1600 Flüchtlinge aufnehmen, die sich in besonders prekärer Lage befinden. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden. In erster Linie soll im Rahmen des sogenannten Resettlement-Programms Menschen geholfen werden, die unter Konflikten oder Verfolgung im Nahen Osten und entlang der zentralen Mittelmeerroute leiden.
Die Schweiz will ihr Engagement auf drei bis fünf Erstaufnahmeländer fokussieren. Zusätzlich zeigt sich der Bundesrat bereit, ein Kontingent von rund 300 Flüchtlingen aufzunehmen, die wegen der Corona-Pandemie nicht im Rahmen des aktuellen Resettlement-Programms aufgenommen werden konnten.
Sowohl das UNHCR als auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe begrüssen den Entscheid des Bundesrats, das Resettlement-Programm 2022 und 2023 weiterzuführen. Beide hoffen angesichts der hohen Flüchtlingszahlen allerdings darauf, dass die Schweiz ihre Kontingente in Zukunft erhöht.
Die Schweiz beteiligt sich seit mehreren Jahren am Resettlement-Programm der Uno-Flüchtlingsorganisation UNHCR, das zum Ziel hat, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge in Drittstaaten dauerhaft neu anzusiedeln. Um besser planen zu können, beschloss der Bundesrat 2019, alle zwei Jahre ein fixes Flüchtlingskontingent von 1500 bis 2000 Menschen festzulegen.