Gemäss dem Bundesrat ist der Aspekt, ob E-Zigaretten ein geeignetes Ausstiegsmittel oder gar einen Einstieg in den Nikotinkonsum darstellen, nicht abschliessend geklärt, wie er in den Erläuterungen zur Teilrevision des Tabaksteuergesetzes schreibt. In der Schweiz laufe dazu eine vom Nationalfonds finanzierte wissenschaftliche Untersuchung. Diese solle «diesbezüglich Klarheit schaffen».
Geringes Schädlichkeitspotential
Mehr Einigkeit bestehe dagegen in Sachen Gesundheitsgefährdung: Auch wenn Langzeitstudien fehlten, gingen Fachpersonen aus dem Gesundheits- und Präventionsbereich bei E-Zigaretten von einem um bis zu 95 Prozent geringeren Schädlichkeitspotential im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten aus.
Dieser geringeren Schädlichkeit will die Regierung in ihrem Vorschlag zur Änderung des Tabaksteuergesetzes Rechnung tragen, dessen Vernehmlassungsfrist am Donnerstag ablief. Sie hat deshalb die Steuern bei E-Zigaretten-Flüssigkeiten tiefer angesetzt als bei klassischen Tabakzigaretten.
Hohes Abhängigkeitspotential
Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen- und -direktoren (GDK) erachtet es vor allem als wichtig, mit der Höhe der Steuer den Anreiz für den Einstieg und den Konsum vor allem für Jugendliche zu senken. Denn trotz des geringeren Gesundheitsgefährdung hätten E-Zigaretten durch ihren Nikotinanteil ein hohes Abhängigkeitspotenzial.
Trotzdem sei eine tiefere Besteuerung von E-Zigaretten im Vergleich zu herkömmlichen Tabakprodukten sinnvoll. Das gebe Raucherinnen und Rauchern einen Anreiz, auf diese Produkte umzusteigen. Die GDK begrüsse deshalb die Einführung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Steuer.
Prävention durch hohe Steuern
Die Lungenliga und die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention äusserten sich zwar «erfreut, dass der Bundesrat die Bedeutung der präventiven Wirkung der Tabaksteuer» anerkenne. Diese sei hingegen viel zu tief angesetzt: Denn ihrer Ansicht nach kann der Tabak- und Nikotinkonsum in der Schweiz neben den Werbebeschränkungen und der Präventionsarbeit nur mit hohen Tabaksteuern reduziert werden.
Ausserdem sei das langfristige Gesundheitsrisiko von E-Zigaretten unbekannt. Solange aber keine eindeutige Evidenz über mögliche Folgen vorliege, gelte das Vorsorgeprinzip. Die vorliegenden Erkenntnisse reichten auch nicht aus, um E-Zigaretten als «allgemeines Mittel für Rauchstopp-Therapien» vorzuschlagen.
Höhere Steuern auf Tabakprodukte
Gleichzeitig fordern die Organisationen höhere Steuern auf alle anderen Tabakprodukte, neben den herkömmlichen Zigaretten auch auf Feinschnitttabak zu Selberdrehen, Wasserpfeifentabak und Schnupftabak. So soll der Preis für ein Päckchen Zigaretten von rund 8,8 Franken auf 14,25 Franken erhöht werden, für die anderen Produkte um 65 Prozent.
In diesem Punkt erhalten die Gesundheitsorganisationen teilweise Unterstützung der GDK und der SP: Es sei bekannt, dass grosse Preiserhöhungen besonders bei Personen mit kleinem Einkommen einen Rückgang des Tabakkonsums bewirken und Jugendliche vom Einstieg abhielten, schreibt die GDK.
Auch die SP fordert den Bundesrat auf, einen Vorschlag vorzulegen, «der alle Tabak- und nikotinhaltigen Produkte in Betracht zieht». Ausserdem solle er die Nationalfonds-Studie abwarten und die Ergebnisse in die Festlegung der neuen Steuertarife einfliessen lassen.
In die entgegengesetzte Richtung geht die Vernehmlassungsantwort des Verbands der Schweizer Vape Branche (SVTO), die die Hersteller oder Vertreiber von E-Zigaretten, Flüssigkeiten und Zubehör vertritt. Angesichts der 95 Prozent geringeren Schädlichkeit von E-Zigaretten sei auch eine entsprechend tiefere Steuer angebracht.
Risiken des Schwarzmarkts
Auch grundsätzlich argumentiert der Verband mit dem E-Dampfen «als seriöse Alternative zum Konsum von herkömmlichen Tabakwaren». Der derzeitige wissenschaftlichen Stand zeige «eindeutig, dass bei korrekter Anwendung der Produkte» keine nachweisbaren Schäden entstünden.
Eine Erhöhung der Steuer wie vom Bundesrat vorgeschlagen, würde zudem den Schwarzmarkt aufblühen. Und das berge für die Konsumentinnen und Konsumenten ein nicht unerhebliches Risiko, gleich wie mögliche Eigenmischungen. Ausserdem würde der Wirtschaftsstandort Schweiz geschwächt, weil die Nikotin-Produkte problemlos aus dem Ausland importiert werden könnten.
Unterstützung erhält der Verband von der SVP, die die Vorlage ebenfalls ablehnt. Angesichts des 95 Prozent tieferen Risikoprofils sei die fünffache Überbesteuerung von E-Zigaretten nicht akzeptabel und entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die FDP hat eine Fristverlängerung beantragt, von der Mitte lag bis am Donnerstagabend keine Antwort vor. GLP und Grüne beteiligten sich nicht.
(SDA)